Keine Besteuerung laufender Kapitalerträge aus fondsgebundener Lebensversicherung mangels vermögensverwaltenden Versicherungsvertrags
FG Düsseldorf v. 16.5.2019 - 9 K 191/18 EDer Kläger ist der Alleinerbe seines im September 2013 verstorbenen Bruders (B). Im Juli 2014 teilte der Kläger dem Finanzamt mit, dass er bei Durchsicht der Unterlagen des B festgestellt habe, dass dieser erzielte Kapitalerträge aus ausländischen Bankverbindungen in erheblicher Höhe bisher steuerlich nicht erklärt habe. Aus den nachgereichten Unterlagen ergab sich, dass B bei der Bank A bis April 2011 zwei Depots unterhalten hatte. Danach hatte B sämtliche Vermögensanlagen aus beiden Depots verkauft, die Depots aufgelöst und den Erlös hieraus (rund 3,4 Mio. €) als Einmalbetrag in einen fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrag ("L-Vertrag") eingezahlt. Die hieraus erzielten Erträge sind inzwischen nachversteuert worden.
Im März 2014 erhielt der Kläger das Erbe als Versicherungsleistung ausgezahlt. Die Finanzbehörde nahm zur Kenntnis, dass es sich um einen "Versicherungsfonds für interne kollektive Fonds" handele und dass seitens des B keine Transaktionen erfolgt waren. Sie teilte dem Kläger mit, sie halte Erträge aus dem F-Fonds für steuerpflichtig, entweder in nachgewiesener tatsächlicher Höhe (bei einem transparenten Fonds) oder - falls es sich um einen intransparenten Fonds handele - jeweils i.H.v. 6 % des Wertes zum Jahrsende. Um letzteres zu prüfen, bat sie um Mitteilung der ISIN-Nummer des Fonds. Die Lebensversicherung wies allerdings darauf hin, dass es keinen offiziellen ISIN-CODE gebe, da es sich um einen internen Versicherungsvertrag handelt. Außerdem unterliegt die Todesfallleistung einer Lebensversicherung nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG.
Hiernach ging die Prüferin davon aus, dass ein sog. vermögensverwaltender Versicherungsvertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG vorliege. In dem Versicherungsvertrag sei nämlich die gesonderte Verwaltung von speziell für diesen Vertrag zusammengestellten Kapitalanlagen vereinbart; die Verwaltung sei auch nicht beschränkt auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen, die die Entwicklung eines veröffentlichten Index abbilden. Das Finanzamt legte die Kapitaleinkünfte unter Anwendung der Abgeltungssteuer zugrunde und erließ gegenüber dem Kläger als Rechtsnachfolger des B für die Streitjahre 2011 bis 2013 entsprechende Einkommensteuer-Änderungsbescheide.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Unrecht laufende Kapitaleinkünfte zugerechnet, die sich auf den von B abgeschlossenen "L-Vertrag" und den zugrundeliegenden Fonds beziehen. Eine Rechtsgrundlage hierfür besteht nicht. Insbesondere handelt es sich im Streitfall nicht um eine vermögensverwaltende Versicherung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG. Nach dieser Vorschrift liegt ein solcher Vertrag vor, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
- In dem Versicherungsvertrag ist eine gesonderte Verwaltung von speziell für diesen Vertrag zusammengestellten Kapitalanlagen vereinbart,
- die zusammengestellten Kapitalanlagen sind nicht auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen, die die Entwicklung eines veröffentlichten Indexes abbilden, beschränkt und
- der wirtschaftlich Berechtigte kann unmittelbar oder mittelbar über die Veräußerung der Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse bestimmen (Dispositionsmöglichkeit).
Im Streitfall ist lediglich die mittlere Voraussetzung gegeben: der F-Fonds selbst ist kein öffentlich vertriebener Investmentfonds, sondern ein versicherungsinterner Fonds, der nicht an der Börse gelistet ist (daher keine ISIN-Nummer besitzt). Er wird durch den Asset Manager "aktiv verwaltet" und investiert "hauptsächlich indirekt in Aktien und Anleihen", ohne eine Beschränkung auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen, die die Entwicklung eines veröffentlichten Indexes abbilden. Die anderen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Insbesondere war keine "gesonderten Verwaltung" i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG vereinbart: Die aufgebrachte Prämienleistung der Lebensversicherung L erfolgte im Rahmen des Produktes "L-Vertrag" bezogen auf den Versicherungsfonds F für eine Vielzahl von Versicherten gemeinschaftlich ("Kollektiv-Fonds"): hieran hatte sich B mit seinem Versicherungsbeitrag (Einmalbeitrag) beteiligt. Der Einmalbeitrag wurde aber nicht separat für den einzelnen Vertrag des B angelegt bzw. verwaltet.
Es handelte sich auch nicht um "speziell für diesen Vertrag zusammengestellte Kapitalanlagen". B hatte nicht einzelne Wertpapiere oder ein bereits vorhandenes Wertpapierdepot als Versicherungsbeitrag eingebracht, die dann unter dem Mantel einer Lebensversicherung zu verwalten wären, sondern er hatte seine Einmalprämie (nach vorheriger Veräußerung verschiedener Kapitalanlagen) durch Bareinzahlung geleistet. Darüber hinaus besaß B keine Dispositionsmöglichkeit über die Anlagepolitik des F-Fonds; er konnte nicht "unmittelbar oder mittelbar über die Veräußerung der Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse bestimmen".
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