Keine doppelte Berücksichtigung von lediglich einmal getragenem Aufwand des Steuerpflichtigen
Kurzbesprechung
BFH v. 28.4.2020 - IX R 14/19
EStG § 2 Abs. 2 S 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1, § 7 Abs. 4, § 7a Abs. 9, § 9 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, EStG § 11 Abs. 2 S. 1
HGB § 255 Abs. 1 S, 1
Streitig waren die Auswirkungen einer fehlerhaften Doppelberücksichtigung von Kosten für den Erwerb von Klimageräten als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand einerseits und als Anschaffungskosten im Rahmen von Absetzungen für Abnutzung (AfA) andererseits. Obwohl die Kosten fälschlicherweise als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand berücksichtigt worden waren, begehrte die Steuerpflichtige zusätzlich noch die entsprechende Erhöhung der AfA - Bemessungsgrundlage. Dies lehnte der BFH jedoch mit folgender Begründung ab.
Bemessungsgrundlage der AfA bilden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des maßgeblichen Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Diese handelsrechtliche Definition ist auch für den steuerlichen Begriff der Anschaffungskosten maßgebend.
In welchem Maße AfA von der Bemessungsgrundlage vorgenommen werden kann, richtet sich nach dem AfA-Volumen. Das AfA-Volumen ist nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG durch die Bemessungsgrundlage der Höhe nach begrenzt; auch eine zu Unrecht überhöht vorgenommene AfA führt nicht dazu, dass sich das AfA-Volumen erhöht.
Bei dem durch die Steuerpflichtigen gezahlten Kaufpreis für die Klimageräte in Höhe von 42.455,35 € netto handelte es sich um Anschaffungskosten. Diese bilden die Bemessungsgrundlage der AfA und die Obergrenze des AfA-Volumens. Durch die Geltendmachung der AfA im Veranlagungszeitraum 2008 (in Höhe von 354 €) sowie im Veranlagungszeitraum 2009 (in Höhe von 4.246 €) und die gleichzeitige Berücksichtigung der vollständigen Netto-Anschaffungskosten als sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwand) im Veranlagungszeitraum 2009 hat die Steuerpflichtige ihr AfA-Volumen für die Klimageräte vollständig verbraucht.
Für den Verbrauch des AfA-Volumens macht es keinen Unterschied, ob die Anschaffungskosten entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG jährlich abgesetzt oder irrtümlich als sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwand) behandelt werden. Denn die Berücksichtigung von Werbungskosten bei der Einkünfteermittlung nach § 9 EStG ist Ausdruck des objektiven Nettoprinzips. Vor diesem Hintergrund bezweckt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG, den als Werbungskosten zu berücksichtigenden Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand des Steuerpflichtigen typisierend periodengerecht zu verteilen. Dies stellt eine Abweichung von dem in § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG enthaltenen Grundsatz dar, dass sich der mit einer Einkunftsart zusammenhängende Aufwand grundsätzlich schon im Zeitpunkt der Leistung überschussmindernd auswirkt.
Einer Verteilung ist jedoch nur der Aufwand zugänglich, der tatsächlich angefallen ist, vom Steuerpflichtigen getragen wurde und seine individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemindert hat. Wurde ein Wirtschaftsgut in der Vergangenheit bereits komplett abgesetzt und mithin der mit seiner Anschaffung oder Herstellung einhergehende Aufwand vollumfänglich steuermindernd berücksichtigt, kommt eine weitere AfA nicht mehr in Betracht, denn Aufwand, der die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur einmal gemindert hat, kann auch nur einmal steuerliche Berücksichtigung finden.
Die lediglich auf Kostenverteilung und damit in zeitlicher Sicht wirkende Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG kann in diesem Zusammenhang nicht dazu führen, dass durch den Steuerpflichtigen mehr Aufwand geltend gemacht werden könnte, als er tatsächlich wirtschaftlich getragen hat.
Im Streitfall wurde durch die vollständige steuerliche Berücksichtigung der Anschaffungskosten im Veranlagungszeitraum 2009 als sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwand) die Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen durch die Anschaffung der Klimageräte einkommensteuerrechtlich voll berücksichtigt. Ein weiteres AfA-Volumen verblieb danach nicht. Eine zusätzliche, die Anschaffungskosten übersteigende AfA für die Klimageräte konnte daher nicht berücksichtigt werden.
Verlag Dr. Otto Schmidt
EStG § 2 Abs. 2 S 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1, § 7 Abs. 4, § 7a Abs. 9, § 9 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, EStG § 11 Abs. 2 S. 1
HGB § 255 Abs. 1 S, 1
Streitig waren die Auswirkungen einer fehlerhaften Doppelberücksichtigung von Kosten für den Erwerb von Klimageräten als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand einerseits und als Anschaffungskosten im Rahmen von Absetzungen für Abnutzung (AfA) andererseits. Obwohl die Kosten fälschlicherweise als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand berücksichtigt worden waren, begehrte die Steuerpflichtige zusätzlich noch die entsprechende Erhöhung der AfA - Bemessungsgrundlage. Dies lehnte der BFH jedoch mit folgender Begründung ab.
Bemessungsgrundlage der AfA bilden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des maßgeblichen Wirtschaftsguts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Diese handelsrechtliche Definition ist auch für den steuerlichen Begriff der Anschaffungskosten maßgebend.
In welchem Maße AfA von der Bemessungsgrundlage vorgenommen werden kann, richtet sich nach dem AfA-Volumen. Das AfA-Volumen ist nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG durch die Bemessungsgrundlage der Höhe nach begrenzt; auch eine zu Unrecht überhöht vorgenommene AfA führt nicht dazu, dass sich das AfA-Volumen erhöht.
Bei dem durch die Steuerpflichtigen gezahlten Kaufpreis für die Klimageräte in Höhe von 42.455,35 € netto handelte es sich um Anschaffungskosten. Diese bilden die Bemessungsgrundlage der AfA und die Obergrenze des AfA-Volumens. Durch die Geltendmachung der AfA im Veranlagungszeitraum 2008 (in Höhe von 354 €) sowie im Veranlagungszeitraum 2009 (in Höhe von 4.246 €) und die gleichzeitige Berücksichtigung der vollständigen Netto-Anschaffungskosten als sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwand) im Veranlagungszeitraum 2009 hat die Steuerpflichtige ihr AfA-Volumen für die Klimageräte vollständig verbraucht.
Für den Verbrauch des AfA-Volumens macht es keinen Unterschied, ob die Anschaffungskosten entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG jährlich abgesetzt oder irrtümlich als sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwand) behandelt werden. Denn die Berücksichtigung von Werbungskosten bei der Einkünfteermittlung nach § 9 EStG ist Ausdruck des objektiven Nettoprinzips. Vor diesem Hintergrund bezweckt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG, den als Werbungskosten zu berücksichtigenden Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand des Steuerpflichtigen typisierend periodengerecht zu verteilen. Dies stellt eine Abweichung von dem in § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG enthaltenen Grundsatz dar, dass sich der mit einer Einkunftsart zusammenhängende Aufwand grundsätzlich schon im Zeitpunkt der Leistung überschussmindernd auswirkt.
Einer Verteilung ist jedoch nur der Aufwand zugänglich, der tatsächlich angefallen ist, vom Steuerpflichtigen getragen wurde und seine individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemindert hat. Wurde ein Wirtschaftsgut in der Vergangenheit bereits komplett abgesetzt und mithin der mit seiner Anschaffung oder Herstellung einhergehende Aufwand vollumfänglich steuermindernd berücksichtigt, kommt eine weitere AfA nicht mehr in Betracht, denn Aufwand, der die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur einmal gemindert hat, kann auch nur einmal steuerliche Berücksichtigung finden.
Die lediglich auf Kostenverteilung und damit in zeitlicher Sicht wirkende Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG kann in diesem Zusammenhang nicht dazu führen, dass durch den Steuerpflichtigen mehr Aufwand geltend gemacht werden könnte, als er tatsächlich wirtschaftlich getragen hat.
Im Streitfall wurde durch die vollständige steuerliche Berücksichtigung der Anschaffungskosten im Veranlagungszeitraum 2009 als sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwand) die Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen durch die Anschaffung der Klimageräte einkommensteuerrechtlich voll berücksichtigt. Ein weiteres AfA-Volumen verblieb danach nicht. Eine zusätzliche, die Anschaffungskosten übersteigende AfA für die Klimageräte konnte daher nicht berücksichtigt werden.