12.11.2013

Keine ermäßigte Besteuerung für Abfindung bei niedrigeren Einkünften

Von einer Zusammenballung der Einkünfte ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige (hier: ein Rechtsanwalt) infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum einschließlich der Entschädigung insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte. Dabei ist es gleichgültig, ob der Steuerpflichtige im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine selbständige oder erneut eine nichtselbständige Tätigkeit ergreift.

FG Köln 11.4.2013, 6 K 1129/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er war bis zum 31.1.2009 als Angestellter nichtselbstständig tätig. Er erhielt für diesen Monat ein Gehalt i.H.v. 10.787 €. Außerdem erhielt er anlässlich der Beendigung seiner Beschäftigung eine Abfindung i.H.v. 43.000 €. In den Vorjahren betrugen seine Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit zwischen 129.687 € und 146.247 €. Daneben erzielte der Kläger in diesen Jahren als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und zwar i.H.v. -1.935 € in 2006, 3.310 € in 2007 sowie -20.195 € in 2008.

Ab Februar 2009 widmete sich der Kläger in vollem Umfang seiner selbstständigen Rechtsanwaltstätigkeit und erzielte hieraus im Streitjahr 2009 Einkünfte i.H.v. 5.100 €. Daneben erhielt er von der Bundesagentur für Arbeit einen steuerfreien Gründungszuschuss i.H.v. 2.094 € monatlich für die Zeit vom 1.2.2009 bis 31.10.2009 sowie i.H.v. 300 € monatlich für die Monate November 2009 bis April 2010.

Das Finanzamt unterwarf im Rahmen des Einkommensteuerbescheides die gezahlte Abfindung der Regelbesteuerung. Der Kläger war hingegen der Ansicht, dass die Abfindung nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern sei. Schließlich handele es sich bei dem vorliegenden Fall, bei dem sich der Steuerpflichtige nach Beendigung seiner nichtselbstständigen Tätigkeit selbstständig macht, um einen Sonderfall, der für die Anwendung des § 34 EStG keine Zusammenballung von Einkünften erfordere.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht die Anwendung des § 34 EStG auf die vom Kläger bezogene Abfindung abgelehnt.

Nach § 34 Abs. 1 S. 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 S. 2 bis 4 EStG (Fünftelregelung) zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen nur die in § 34 Abs. 2 EStG aufgeführten Einkünfte in Betracht. Das bedeutet aber nicht, die - hier im Streitjahr 2009 vereinnahmte - Entschädigung sei ohne weiteres ermäßigt zu besteuern. Vielmehr ist der Wortlaut des § 34 Abs. 2 EStG entsprechend dem Normzweck, die Auswirkungen des progressiven Tarifs abzuschwächen, auf solche Einkünfte zu beschränken, die "zusammengeballt" zufließen.

Davon ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung auszugehen, wenn der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum einschließlich der Entschädigung insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte. Dabei ist es für die Erfüllung des genannten Normzwecks gleichgültig, ob der Steuerpflichtige im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine selbständige oder erneut eine nichtselbständige Tätigkeit ergreift, so dass der vorliegende Fall keinen Sonderfall darstellte, der eine Abweichung von der angeführten BFH-Rechtsprechung erforderte.

Im vorliegenden Fall war es unerheblich, ob für die Prognoseentscheidung lediglich das Vorjahr (2008) oder darüber hinaus auch die beiden davorliegenden Jahre (2006 und 2007) berücksichtigt wurden. In allen drei genannten Jahren lag das Bruttogehalt des Klägers jeweils deutlich über 100.000 €. Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass das Gehalt des Klägers bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch in 2009 eine ähnliche Höhe erreicht hätte. Tatsächlich hatte der Kläger aber in 2009 einschließlich der Abfindung lediglich 53.787 € erhalten, mithin weniger und nicht mehr als er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte. Es fehlte somit an der vom BFH geforderten Zusammenballung von Einkünften.

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