30.04.2020

Keine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags einer grundbesitzverwaltenden Kapitalgesellschaft bei Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen

Eine der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags entgegenstehende schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese einer von mehreren auf dem vermieteten Grundstück ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten dienen. Für die Frage, ob ein Nebengeschäft im Hinblick auf die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags unschädlich ist, kommt es auf die Verhältnisse im jeweiligen Erhebungszeitraum an. Es reicht nicht aus, dass das Nebengeschäft in einem anderen Erhebungszeitraum als unschädlich zu beurteilen wäre. Eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Mitvermietung in einem Mietvertrag vereinbart wurde, an den die den Mietvertrag übernehmende Kapitalgesellschaft über den streitigen Erhebungszeitraum hinaus gebunden ist.

Kurzbesprechung
BFH v. 18.12.2019 - III R 36/17

GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2
BewG § 68


Streitig war, ob im Erhebungszeitraum 2008 die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für Grundstücksunternehmen vorlagen.

Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt; maßgebend ist der Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunktes vor dem Ende des Erhebungszeitraums (§ 14 GewStG). Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, können stattdessen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen der Gewerblichkeit überschreitet.

Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt.

Im Streitfall hatte das FG zu Recht entschieden, dass die als Kapitalgesellschaft gewerbesteuerpflichtige Steuerpflichtige auch Erträge erzielte, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen sind.

Der in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verwendete Begriff des Grundbesitzes ist ebenso wie in Satz 1 dieser Bestimmung im gegenüber dem Einkommensteuerrecht engeren bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen. Dies beruht auf dem Zweck des § 9 Nr. 1 GewStG, die Doppelbelastung von Grundbesitz mit Realsteuern --Gewerbesteuer und Grundsteuer-- zu vermeiden. Bei Erträgen, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen sind, ist eine Doppelbelastung durch Grundsteuer und Gewerbesteuer nicht zu befürchten.

Der Umfang des Grundvermögens ergibt sich aus § 68 BewG. Danach gehören zum Grundvermögen u.a. der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG), nicht aber Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind (§ 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG).

Aus dem gesetzlichen Erfordernis der Zugehörigkeit "zu einer Betriebsanlage" ergibt sich, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden. Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es deshalb darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient. Die zivilrechtliche Einordnung eines Gegenstands als wesentlicher Gebäudebestandteil schließt das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung i.S. des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG nicht aus.

Im Streitfall kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die streitbefangenen Gegenstände und Anlagen zwar zum Grundvermögen i.S. des § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG gehören, jedoch Betriebsvorrichtungen darstellen und deshalb nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind. Im Streitfall ging es um Zapfsäulen, Rohrleitungen und Tanks sowie um die Bodenbefestigung einer Tankstelle, die allesamt Betriebsvorrichtungen der Tankstelle darstellen.

Die Mitvermietung dieser Betriebsvorrichtungen stand im Streitfall der erweiterten Kürzung entgegen, da auch keine der von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen vom Ausschluss einer erweiterten Kürzung vorlagen. Die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen stellte sich nicht als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung dar.

Außerdem stellte der BFH heraus, dass es für die Frage, ob ein Nebengeschäft unschädlich ist, auf die Verhältnisse im jeweiligen Erhebungszeitraum ankommt. Denn das Ausschließlichkeitskriterium weist entsprechend dem Charakter der Gewerbesteuer als Jahressteuer auch eine zeitliche Dimension auf. Diese verlangt, dass während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich die in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigten Tätigkeiten ausgeübt werden. Wird nur während eines Teils des Erhebungszeitraums eine nicht begünstigte Tätigkeit ausgeübt, entfallen für den gesamten Erhebungszeitraum die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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