Keine Kindergeldberechtigung bei Berufstätigkeiten von mehr als 20 Wochenstunden nach Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Erststudiums
FG Düsseldorf 29.8.2013, 3 K 2231/12 KgDer Kläger ist Vater eines im März 1987 geborenen Sohnes. Dieser absolvierte nach der Schulzeit zunächst seinen Zivildienst und danach ein Bachelorstudium sowie anschließend ein Masterstudium. Ab April 2012 begann der Sohn ein Promotionsstudium. Gleichzeitig wurde er an einer Universität als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20,05 Stunden eingestellt.
Der Kläger erhielt bis einschließlich März 2012 Kindergeld für seinen Sohn. Er beantragte, ihm auch darüber hinaus Kindergeld zu zahlen. Der Kläger war der Ansicht, nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG schließe eine Erwerbstätigkeit die Gewährung von Kindergeld nur dann aus, wenn eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium vorangegangen seien. Die Familienkasse war allerdings anderer Ansicht und wies den Antrag ab. Die Behörde führte aus, dass nach Abschluss der ersten Berufsausbildung oder eines Erststudiums ein Kind nur dann berücksichtigt werde, wenn es keiner Beschäftigung mit mehr als 20 Wochenstunden nachgehe.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage beanstandete der Kläger, dass der Wortlaut des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG vom "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums" spreche. Das Wort "und" bewirke, dass eine Erwerbstätigkeit nur schädlich sei, wenn das Kind kumulativ eine Berufsausbildung und ein Erststudium abgeschlossen habe. Dies sei bei seinem Sohn aber nicht der Fall.
Das FG wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Der Sohn des Klägers erfüllte zwar nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Zahlung von Kindergeld. Allerdings standen § 32 Abs. 4 S. 2 u. 3 EStG der Gewährung des Kindergelds entgegen, da der Sohn bereits ein Erststudium absolviert hatte und im Streitzeitraum einer Berufstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachging.
Während des Promotionsstudiums betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Sohnes ausweislich des vorgelegten Arbeitsvertrags durchgängig - und damit nicht nur ausnahmsweise - mehr als 20 Stunden. Nach dem Gesetzeswortlaut ist auf die regelmäßige, also die vertraglich vereinbarte, Arbeitszeit abzustellen. Da die Voraussetzungen für die Kindergeldgewährung monatlich zu prüfen sind, können im gleichen Jahr liegende Monate der Nichtbeschäftigung nicht hinzugerechnet werden. Auf die auf im gesamten Kalenderjahr durchschnittlich gearbeitete wöchentliche Arbeitszeit kommt es daher nicht an.
Entgegen der vom Kläger geäußerten Auffassung führte der im Streitzeitraum geltende Wortlaut der Vorschrift des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG ("erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums") nicht dazu, dass die Kindergeldberechtigung im Fall einer Berufstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nur bei Abschluss sowohl einer Berufsausbildung als auch (kumulativ) eines Erststudiums ausgeschlossen ist. Mit der Wahl des Wortes "und" hat der Gesetzgeber nämlich zum Ausdruck bringen wollen, dass er den Abschluss eines der genannten Ausbildungsgänge als ausreichend erachtet hat. Dies folgt zum einen aus der Gesetzesbegründung und der Gesetzeshistorie, die eindeutig den Abschluss eines der erwähnten Ausbildungsgänge als ausreichend erachtet haben und zum anderen aus der Struktur sowie aus dem Sinn und Zweck der Regelungen in § 32 Abs. 4 S. 1, 2 u. 3 EStG.
Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Tatsache gestützt, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 die Formulierung in § 32 Abs. 4 S. 2 EStG in "Berufsausbildung oder eines Erststudiums" klarstellend geändert hat und die Änderung dabei bewusst nicht mit Rückwirkung versehen hat.
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