Keine Rückforderung insolvenzrechtlich angefochtener Steuerzahlungen durch Bescheid
BFH 27.9.2012, VII B 190/11Der Antragsteller ist seit Juni 2010 Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Nach Eröffnung des Verfahrens hat er die von der GmbH geleisteten Zahlungen auf Lohnsteuer i.H.v. rd. 9.600 € für Februar und März 2010 nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO angefochten. Diese waren am 10.3. bzw. 12.4..2010 im Lastschriftverfahren von dem Konto der GmbH eingezogen worden.
Das Finanzamt erstattete die Zahlungen zunächst, forderte sie aber später - gestützt auf § 37 Abs. 2 AO - per Bescheid zurück. Die Behörde war der Ansicht, die Anfechtungsvoraussetzungen hätten nicht vorgelegen. So liege eine konkludente Genehmigung der Lastschriften vor, die nämlich nach drei Bankarbeitstagen als genehmigt gölten.
Das FG lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Auf die Beschwerde des Antragstellers hob der BFH die Entscheidung auf und setzte die Vollziehung des angegriffenen Abrechnungsbescheides aus, weil seine Rechtmäßigkeit ernstlich zweifelhaft ist.
Die Gründe:
Der Anspruch auf Rückgewähr in anfechtbarer Weise geleisteter Steuern nach § 143 Abs. 1 InsO ist kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.d. § 37 Abs. 1 AO, sondern ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch. Es ist daher ernstlich zweifelhaft, ob das auf einen solchen Anspruch Geleistete mithilfe eines hoheitlich ergehenden Bescheides zurückgefordert werden kann.
Der beschließende Senat hat sich unbeschadet der im Schrifttum und in der Rechtsprechung mitunter aus der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschl. v. 27.9.2010, Az.: GmS-OGB 1/09) abgeleiteten abweichenden rechtlichen Folgerungen bereits in seinem Beschluss vom 5.9.2012 (Az.: VII B 95/12) der Entscheidung des BGH (Beschl. v. 24.3.2011, Az.: IX ZB 36/09) unter Aufgabe seiner früher geäußerten Rechtsauffassung angeschlossen. Infolgedessen muss die Finanzbehörde ihre Forderung ebenso vor den ordentlichen Gerichten einklagen wie ein Insolvenzverwalter dort seinen Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO geltend machen müsste.
Der vom FA im Streitfall erhobene Anspruch richtet sich zwar auf Rückzahlung einer (zurückgezahlten) Steuer, so dass § 37 Abs. 2 AO wortwörtlich genommen einschlägig zu sein scheint; indes kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der in § 37 Abs. 2 AO geregelte Anspruch gleichsam auf der Umkehrung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.d. § 37 Abs. 1 AO beruht und ein Anspruch auf Rückgewähr einer Leistung grundsätzlich die Rechtsnatur des Anspruchs teilt, auf den jene Leistung erbracht wurde.
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