Keine rückwirkende Verzinsung der Einkommensteuernachzahlung bei rückwirkendem Wegfall eines Investitionsabzugsbetrags
BFH 11.7.2013, IV R 9/12Die Klägerin unterhält in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG einen Zimmerei- und Dachdeckerbetrieb. Im Jahr 2007 machte sie Investitionsabzugsbeträge u.a. i.H.v. 6.400 € für den für 2009 geplanten Einbau von Schiebetoren und von 14.000 € für den für 2010 geplanten Erwerb eines Kastenwagens geltend. Das Finanzamt gab dem Antrag statt und berücksichtigte die Investitionsabzugsbeträge bei Erlass des Feststellungsbescheids 2007.
Mit Einreichung der Bilanz für 2009 erklärte die KG, dass sie beide Investitionen nicht mehr durchführen werde. Dies hatte zur Folge, dass rückwirkend der Gewinn des Jahres 2007 um 20.400 € erhöht wurde. Die Klägerin verlangte die zusätzliche Feststellung, dass die Änderung auf einem rückwirkenden Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO beruhe. Diese Feststellung hat zur Folge, dass Zinsen auf die Steuernachzahlung nicht rückwirkend erhoben werden.
Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, es liege kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO vor. Der Bescheid sei nach § 7g Abs. 3 EStG bzw. auf Antrag nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert worden. Der Zinslauf richte sich nach § 233a Abs. 2 AO.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass der angefochtene Bescheid auf einem rückwirkenden Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO beruht, und das Finanzamt deshalb verpflichtet, diese Besteuerungsgrundlage im Zusammenhang mit den gemeinschaftlich erzielten Einkünften gesondert und einheitlich festzustellen.
Nach § 7g Abs. 1 EStG kann ein Investitionsabzugsbetrag für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens unter dort näher bestimmten Voraussetzungen gewinnmindernd in Anspruch genommen werden. Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des Investitionszeitraums hinzugerechnet wurde, ist der gewinnmindernde Abzug rückgängig zu machen. Der betreffende Steuer- oder Feststellungsbescheid ist auch dann zu ändern, wenn er bestandskräftig ist (§ 7g Abs. 3 EStG).
Zu der Frage, ob und von welchem Zeitpunkt an die sich im Fall der Änderung nach § 7g Abs. 3 EStG aufgrund des geänderten Bescheids ergebende Steuernachzahlung zu verzinsen ist, enthält das EStG in seiner für das Streitjahr geltenden Fassung keine Regelung. § 7g Abs. 3 S. 4 EStG i.d.F. des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013, der jetzt ausdrücklich die Anwendung des § 233a Abs. 2a AO ausschließt, ist erst im Jahr 2013 in Kraft getreten (Art. 31 Abs. 1 AmtshilfeRLUmsG) und hat deshalb für die Entscheidung des Streitfalls keine Bedeutung.
Das Gesetz hat die rückwirkende Verzinsung lediglich für die rückwirkende Streichung eines Investitionsabzugsbetrags nach durchgeführter Investition wegen Nichteinhaltung bestimmter Nutzungsvoraussetzungen geregelt. Dem Gesetzgeber war bewusst, dass sich bei Ausbleiben der Investition eine vergleichbare Rechtslage ergibt. Gleichwohl hat er für diesen Fall die rückwirkende Verzinsung nicht ausdrücklich angeordnet. Von einem Versehen des Gesetzgebers ist nicht auszugehen. Deshalb gilt der Grundsatz, dass auf einem rückwirkenden Ereignis beruhende Steuernachzahlungen nicht rückwirkend zu verzinsen sind.
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