Keine Umsatzsteuer auf Minderwertausgleich nach regulärem Ende eines Leasingvertrags
BGH 18.5.2011, VIII ZR 260/10Die Klägerin, eine Leasinggesellschaft, schloss im März 2006 mit dem Beklagten für eine Vertragsdauer von 36 Monaten und einer jährlichen Fahrleistung von 20.000 km mit darüber hinausgehender Kilometerabrechnung einen Leasingvertrag über einen Pkw Audi Q7. Die dem Vertrag zugrunde gelegten Leasingbedingungen bestimmen unter Abschnitt XVI. zur Rückgabe des Fahrzeugs u.a. Folgendes:
"2. Bei Rückgabe muss das Fahrzeug in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden sowie verkehrs- und betriebssicher sein. Normale Verschleißerscheinungen gelten nicht als Schaden.
3. Bei Rückgabe des Fahrzeugs nach Ablauf der bei Vertragsschluss vereinbarten Leasing-Zeit gilt folgende Regelung: Entspricht das Fahrzeug nicht dem Zustand gem. Ziff. 2 Abs. 1, ist der Leasingnehmer zum Ersatz des entsprechenden Schadens verpflichtet."
Zu den Halterpflichten heißt es in Abschnitt IX. der Leasingbedingungen u.a.:
"3. Der Leasingnehmer hat dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug nach den Vorschriften der Betriebsanleitung des Herstellers behandelt wird. Das Fahrzeug ist im Rahmen des vertraglichen Verwendungszwecks schonend zu behandeln und stets im betriebs- und verkehrssicheren Zustand zu halten."
An dem zum Ablauf der vereinbarten Leasingdauer zurückgegebenen Fahrzeug stellte die Klägerin über normale Verschleißspuren hinausgehende (Unfall-)Schäden fest, deren Beseitigungskosten/Minderwert ein von ihr beauftragter Sachverständiger auf rd. 6.800 € netto schätzte. Mit ihrer Klage macht die Klägerin Ausgleich dieses Minderwerts zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. 1.295 € geltend.
LG und OLG gaben der Klage nur hinsichtlich des Nettobetrages statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren hinsichtlich des aberkannten Umsatzsteuerbetrages weiterverfolgt, hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Frage, ob der Beklagte der Klägerin auf den unstreitigen Nettobetrag des geltend gemachten Fahrzeugminderwerts auch Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG i.H.v. 1.295 € zu erstatten hat. Diese Frage war mit dem OLG zu verneinen, weil die Klägerin selbst insoweit keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH wird eine Leistung nur dann i.S.v. von Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuernder (Umsatzsteuer-Richtlinie) gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet. Dem haben sich BFH und BGH angeschlossen. Dazu muss zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen.
Demgegenüber sind sog. Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen kein Entgelt i.S.d. Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. Insoweit wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommen, dass Schadensersatzleistungen, die der Leasingnehmer nach außerordentlicher Kündigung des Leasingvertrages zu erbringen hat, ohne Umsatzsteuer zu berechnen sind, weil ihnen - infolge der durch die Kündigung des Leasingvertrages bewirkten Beendigung der vertraglichen Hauptleistungspflicht des Leasinggebers - eine steuerbare Leistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht gegenübersteht und der Leasinggeber deshalb Umsatzsteuer auf sie nicht zu entrichten hat.
Nichts anderes gilt nach der Rechtsprechung des Senats für eine Schadensersatzzahlung, die der Leasingnehmer in diesem Zusammenhang für den Minderwert der zurückgegebenen Leasingsache zu leisten hat. So verhält es sich auch bei dem leasingtypischen Ausgleichsanspruch des Leasinggebers, der nach der ständigen Senatsrechtsprechung auf Ausgleich seines noch nicht amortisierten Gesamtaufwandes zum Zeitpunkt einer ordentlichen Kündigung, einer nicht durch den Leasingnehmer schuldhaft veranlassten außerordentlichen Kündigung oder einer einvernehmlichen vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages gerichtet ist. Und das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch für einen Minderwertausgleich, den der Leasinggeber nach regulärem Vertragsablauf wegen einer über normale Verschleißerscheinungen hinausgehenden Verschlechterung der zurückzugebenden Leasingsache beanspruchen kann.
Die Leistung der Klägerin als Leasinggeberin war vorliegend nicht derart mit der vom Beklagten zu erbringenden Zahlung verknüpft, dass sie auf die Erlangung einer Gegenleistung gerichtet war. Vielmehr war die vertragliche Hauptleistungspflicht der Klägerin beendet, nachdem sie das Fahrzeug - hier aus Anlass des Ablaufs der Leasingdauer - zurückerlangt und auf diese Weise zugleich die dem Beklagten eingeräumte Kapitalnutzung geendet hatte. Damit fehlt es - ähnlich wie bei Schadensersatzzahlungen, die der Leasingnehmer für den Ausfall seiner Leasingraten zu erbringen hat - zwischen den Leistungspflichten der Klägerin und der Ausgleichspflicht des Beklagten an der für den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang dauerhaften Abhängigkeit in Entstehung und Fortbestand dieser Pflichten.
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