08.11.2011

Keine Umsatzsteuerbefreiung für Narkoseleistungen bei Schönheitsoperationen

Leistungen eines Anästhesisten im Zusammenhang mit einer medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperation sind umsatzsteuerpflichtig. Ebenso wie die medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperation stellt auch die zur Ermöglichung des Eingriffs vorgenommene Narkose keine Heilbehandlung dar.

FG Köln 26.5.2011, 12 K 1316/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der W-GbR. Deren Gesellschaftszweck war die anästhesiologische Versorgung operativ tätiger Ärzte verschiedener Fachrichtungen während der Durchführung von Operationen. Das Finanzamt war zu der Auffassung gelangt, dass ein Teil der Umsätze der W-GbR -nämlich Anästhesieleistungen im Zusammenhang mit Schönheitsoperationen- nicht als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG i.V.m. Art. 13 Teil A Abs. 1c der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 132 Abs. 1c MwSt-SystRL) zu qualifizieren und somit umsatzsteuerpflichtig sei. In der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2007 hatte die W-GbR entsprechenden Erlöse auf 207.112 € beziffert.

Das Finanzamt lehnte es ab, die Anästhesieleistungen im Zusammenhang mit therapeutisch nicht indizierten Schönheitsoperationen gem. § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer freizustellen. Die Klägerin war hingegen der Ansicht, es sei verfehlt, von einer einheitlichen Leistung der Schönheitschirurgen und Narkoseärzte auszugehen, da es sich um verschiedene Unternehmer handele. Die Übertragung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Leistung auf Leistungen verschiedener Steuerpflichtiger sei auch dann nicht zulässig, wenn die Leistungen aufeinander abgestimmt seien. Die Tatsache, dass die Krankenkassen und Sozialversicherungsträger keine entsprechenden Kosten übernehmen würden, reiche für die Versagung der Steuerbefreiung nicht aus.

Das FG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht die Anästhesieleistungen im Zusammenhang mit therapeutisch nicht indizierten Schönheitsoperationen nicht von der Umsatzsteuer freigestellt.

§ 4 Nr. 14 UStG setzt bei richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt. Wird eine ärztliche Leistung in einem Zusammenhang erbracht, der die Feststellung zulässt, dass ihr Hauptziel nicht der Schutz der Gesundheit ist, findet die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG keine Anwendung. Infolgedessen sind Leistungen eines Anästhesisten im Zusammenhang mit einer medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperation umsatzsteuerpflichtig.

Die Aufgabe eines Anästhesisten besteht darin, einen Zustand der Empfindungslosigkeit zum Zwecke der Toleranz von körperlichen Eingriffen herbeizuführen und für die Dauer des Eingriffs aufrechtzuerhalten. Ob es sich bei dieser Leistung um eine Heilbehandlung handelt, kann nur unter Würdigung des Eingriffs beurteilt werden, dem die Anästhesie dient. Denn die Narkose würde ohne die Operation nicht stattfinden; sie hat für den Patienten keinen von der Operation unabhängigen Nutzen.

Ist der durch die Narkose ermöglichte Eingriff - wie hier - nicht als Heilbehandlung zu qualifizieren, gilt dies auch für die Narkoseleistung. Dies ergibt sich aus der Zielrichtung der Narkose, die in besagten Fällen darin besteht, eine nicht indizierte Schönheitsoperation zu ermöglichen. Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass der Anästhesist während der Operation die lebenswichtigen Körperfunktionen kontrolliert und damit schützt, beruhte nicht auf einer Erkrankung des Patienten, sondern geht darauf zurück, dass der Anästhesist zuvor selbst bestimmte Körperfunktionen ausgeschaltet hat. Schließlich heilt der Anästhesist mit der anlässlich einer Schönheitsoperation verabreichten Narkose keine Gesundheitsstörung und betreibt auch keine Gesundheitsvorsorge.

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