12.07.2019

Kfz-Steuer als Masseverbindlichkeit in der Insolvenz

Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kfz-Steuer ist eine Masseverbindlichkeit i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Fahrzeug, für dessen Halten die Kfz-Steuer geschuldet wird, Teil der Insolvenzmasse ist. Ein Fahrzeug, das bereits vor Insolvenzeröffnung untergegangen ist, fällt nicht unter den Insolvenzbeschlag gem. § 35 Abs. 1 InsO.

BFH v. 21.3.2019 - III R 30/18
Der Sachverhalt:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Kfz-Steuer-Festsetzung. Der Kläger ist Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Die Schuldnerin war seit November 1998 Halterin eines Omnibusses. Das Fahrzeug war im Wege des Mietkaufs erworben und einer Leasinggesellschaft sicherungsübereignet worden. Durch einen Brand im September 2011 wurde es völlig zerstört und ist physisch nicht mehr existent. Ein Versicherer erbrachte nach Anzeige des Kaskoschadens und Zahlung der letzten Mietkaufraten an das Leasingunternehmen eine Entschädigungsleistung an die Schuldnerin.

Durch Beschluss des AG wurde am 31.10.2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Am 22.5.2016 meldete der Kläger das Fahrzeug bei der zuständigen Straßenverkehrszulassungsbehörde ab. Das beklagte Hauptzollamt erließ am 17.6.2016 einen Kfz-Steuer-Bescheid gegenüber dem Kläger für den Zeitraum ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Abmeldung des Fahrzeugs i.H.v. rd. 2.000 €.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Hauptzollamtes hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kraftfahrzeugsteuerschuld keine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 InsO ist.

Masseverbindlichkeiten sind gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Im entschiedenen Streitfall lag zwar eine nach Insolvenzeröffnung entstandene Verbindlichkeit vor. Denn Steuergegenstand der Kfz-Steuer ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. Die Steuerpflicht dauert gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG bei einem inländischen Fahrzeug - auch im Falle der Insolvenz des Halters - so lange an, wie das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist.

Die nach der Insolvenzeröffnung entstandene Kfz-Steuer ist als Abgabenforderung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 zweite Tatbestandsalternative InsO den "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründeten Verbindlichkeiten aber nur zuzuordnen, soweit sie die Insolvenzmasse betrifft. Dies ist der Fall, wenn die Abgabenforderung selbst einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweist und erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde.

Im Streitfall hat das FG zu Recht erkannt, dass die Kfz-Steuer für das untergegangene Fahrzeug keine Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist. Es hat aufgrund der vorgelegten Nachweise (Anlageverzeichnis, Schriftverkehr mit der Versicherung, Zahlung der Entschädigungszahlung) nachvollziehbar festgestellt, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits völlig zerstört und physisch nicht mehr existent war. Die Frage, ob ggf. ein Ersatzanspruch für ein zerstörtes Fahrzeug noch einen ausreichenden Bezug zur Insolvenzmasse begründen kann, konnte offenbleiben, da vorliegend der Ersatzanspruch schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Erfüllung erloschen war.

Linkhinweis:
  • Die Volltexte der Entscheidungen sind auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext der Entscheidung zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BFH online
Zurück