20.06.2016

Kindergeld: Besuch einer Jüngerschaftsschule stellt keine Berufsausbildung dar

Der BFH hat entschieden, dass Kinder, die einen Freiwilligendienst leisten, grundsätzlich nicht für einen Beruf ausgebildet und daher auch nicht nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG berücksichtigt werden. Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze stellt der Besuch einer Jüngerschaftsschule ebenfalls keine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG dar.

FG Münster 12.5.2016, 6 K 2896/15 Kg
Der Sachverhalt:
Der im März 1996 geborene Sohn des Klägers hatte im September 2012 seine Ausbildung als Kaufmann in einem Tankstellenbetrieb begonnen. Im Juni 2015 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für die Zeit ab Juli 2015 auf, weil der nach den vorliegenden Unterlagen seine Ausbildung im Juni 2015 beendet hatte. Kurz darauf wies der Kläger die Behörde darauf hin, dass eine Teilnahme des Sohnes an einer Jüngerschaftsschule von August 2015 bis Ende Februar 2016 geplant sei und beantragte die Festsetzung von Kindergeld über den Monat Juni 2015 hinaus. Der Ausbildungsbetrieb sagte zudem vertraglich eine weitere Beschäftigung als Angestellter nach Absolvieren der Jüngerschaftsschule zu.

Die Familienkasse lehnte den Kindergeldantrag des Klägers für Zeiträume ab Juli 2015 ab. Die Behörde war der Ansicht, dass der Sohn des Klägers die Ausbildung beendet habe und sich in keiner weiteren Ausbildung befinde. Die Teilnahme an der Jüngerschaftsschule verschaffe nämlich keinen Anspruch auf Kindergeld.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Familienkasse hat es zu Recht abgelehnt, Kindergeld für den Sohn des Klägers gem. § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG für die Monate Juli und August 2015 festzusetzen, da sich das Kind nicht in einer Ausbildung bzw. in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befunden hatte.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde über Fälle entschieden, in denen das Kind einen Freiwilligendienst bei einer Ordensgemeinschaft als Missionarin auf Zeit bzw. in einem christlichen Konferenzzentrum im Ausland absolviert hatte (BFH-Urt. v. 7.4.2011, Az.:  III R 11/09). In diesem Zusammenhang entschied der BFH, dass Kinder, die einen Freiwilligendienst leisten, grundsätzlich nicht für einen Beruf ausgebildet und daher auch nicht nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG berücksichtigt werden. Denn Freiwilligendienste dienten in der Regel nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl.

Bei entsprechender Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall stellt der Besuch einer Jüngerschaftsschule keine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG dar. Es fehlt nämlich an einem hinreichenden Zusammenhang mit einem konkret angestrebten Beruf. Schließlich diente das zu durchlaufene Programm nicht in erster Linie der Ausbildung für einen bestimmten Beruf. Vielmehr bezeichnet sich die Jüngerschaftsschule - in den eingereichten Unterlagen und im Internet als Lebens- und Persönlichkeitsschule für junge Christen, in der die Jugendlichen auf den Ebenen Jüngerschaft, Persönlichkeit und Vorstellung geistlicher Berufe Orientierung erhalten sollten. Dabei stehen in den einzelnen Abschnitten die Vermittlung biblischen Wissens, die Stärkung der Persönlichkeit der Teilnehmer und das Ausloten ihrer Begabungen im Vordergrund.

Es lag somit eine Betätigung vor, deren Ausbildungscharakter nicht per se gegeben ist. In diesem Fall muss ein enger Bezug zu einem späteren Studium oder einem angestrebten Beruf bestehen. Daran fehlte es jedoch vorliegend. Denn zum einen hatte der Sohn des Klägers seine Ausbildung als Kaufmann bereits erfolgreich abgeschlossen und schon vor Beginn der Jüngerschaftsschule die Bestätigung von seinem Ausbildungsbetrieb erhalten, dass er nach dem Absolvieren der Jüngerschaftsschule als Angestellter wieder im Betrieb arbeiten könne.

Linkhinweis:

  • Der Volltext des Urteils ist erhältlich unter www.nrwe.de - Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW.
  • Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
FG Münster online
Zurück