Kindergeld: Verletztenrente kann um den Behinderten-Pauschbetrag gemindert werden
BFH 9.2.2012, III R 5/08Der Kläger bezog laufend Kindergeld für seine im August 1985 geborene Tochter. Diese begann im September 2005 eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau. Neben ihrer Ausbildungsvergütung und weiteren Einnahmen aus einer Aushilfstätigkeit im elterlichen Betrieb erhielt sie von der Unfallkasse aufgrund eines im Jahr 2000 erlittenen Sportunfalls eine Verletztenrente i.H.v. monatlich 199,50 € wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 %. Die Einkünfte und Bezüge der Tochter beliefen sich im Jahr 2005 auf rund 7.750 €.
Im August 2006 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für die Tochter für den Zeitraum Januar bis Dezember 2005 wegen Überschreitens des Grenzbetrags des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG auf. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision der Familienkasse blieb vor dem BFH erfolglos.
Die Gründe:
Das FG hatte den Kindergeldanspruch des Klägers für die Monate Januar bis Dezember 2005 im Ergebnis zu Recht bejaht.
Zwar besteht ein Kindergeldanspruch für ein über 18 Jahre altes Kind, das - wie hier im Jahr 2005 - das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, nur dann, wenn seine zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmten Einkünfte den für den Streitzeitraum maßgeblichen Jahresgrenzbetrag von 7.680 € im Kalenderjahr nicht übersteigen. Infolgedessen lagen die Einkünfte der Tochter mit rund 7.750 € über dem Grenzbetrag. Werden allerdings die zur Beseitigung oder Linderung von Unfallfolgen entstandenen Aufwendungen nicht im Einzelnen nachgewiesen, kann die infolge des Unfalls von der gesetzlichen Unfallversicherung gezahlte Verletztenrente aus Vereinfachungsgründen um den dem Kind zustehenden Behinderten-Pauschbetrag gemindert werden. Nur der verbleibende Teil der Rente ist dann zur Bestreitung des Unterhalts i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG bestimmt oder geeignet.
Behindert ist ein Mensch, wenn seine körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Dies ist auch der Fall, wenn jemand - wie hier - als Folge eines Arbeitsunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist und deshalb seit Jahren eine Verletztenrente i.S.d. § 56 SGB VII bezieht.
Somit war für die Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge der Tochter den Jahresgrenzbetrag i.H.v. 7.680 € überstiegen hatten, die Verletztenrente lediglich i.H.v. 1.904 € (2.394 € abzüglich des Behinderten-Pauschbetrags i.H.v. 310 € und der Kostenpauschale i.H.v. 180 €) als Bezug zu berücksichtigen. Damit überstiegen die Einkünfte und Bezüge der Tochter i.H.v. nunmehr rund 7.440 € den Jahresgrenzbetrag nicht.
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