04.07.2011

Kindergeldrechtliche Berücksichtigung ist nur bei anerkannten Freiwilligendiensten möglich

Freiwilligendienste bei Organisationen, die nicht als Trägerorganisation i.S.v. § 5 Abs. 2 FSJG zugelassen sind, können nicht anhand einer analogen Anwendung des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG einen Anspruch auf Kindergeld begründen. Die Vorschrift lässt keine planwidrige Regelungslücke erkennen, denn es liegt im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, nur anerkannte, bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen genügende Dienste zu fördern.

BFH 7.4.2011, III R 11/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte für seine heute 25-jährige Tochter Kindergeld bezogen. Im Juli 2005 machte die Tochter das Abitur. Ab September 2005 nahm sie bei einer Ordensgemeinschaft einen Dienst als sog. "Missionarin auf Zeit" in Kamerun auf. Dort arbeitete sie ein Jahr unentgeltlich in verschiedenen Einrichtungen (Kindergarten, Internat, Zentrum für außerschulische Aktivitäten, Gesundheitsstation).

Sie erhielt freie Unterkunft und Verpflegung. Fahrt- und Flugkosten sowie Versicherungsbeiträge wurden vom Kläger oder von der Tochter selbst getragen. Zum Wintersemester 2006/2007 nahm letztere ein Lehramtsstudium für die Fächer Englisch, Französisch und Theologie auf, das sie allerdings alsbald wieder aufgab. Im April 2007 begann sie eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin.

Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2005 auf, da ein Dienst als Missionarin auf Zeit nicht als Berufsausbildung anerkannt werden könne. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BFH erfolglos.

Die Gründe:
Die Familienkasse hatte die Kindergeldzahlung zu Recht ab August 2005 aufgehoben.

Maßgebend für die weite Auslegung des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG ist die Erwägung, dass die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern auch dann gemindert ist, wenn sich ihr Kind unabhängig von vorgeschriebenen Ausbildungsgängen in Ausbildung befindet und von ihnen unterhalten wird. Freiwilligendienste stellen allerdings grundsätzlich keine Berufsausbildung dar. Sie dienen in der Regel nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl. Hiervon ging auch der Gesetzgeber aus.

In diesem Fall war auch die mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Verbesserung von Sprachkenntnissen nicht für die Annahme einer Berufsausbildung ausreichend. Denn der Aufenthalt war nicht von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet, der mit Rücksicht auf seinen Umfang den Schluss auf eine hinreichend gründliche Sprachausbildung rechtfertigte. Auch dem Umstand, dass der Freiwilligendienst im Auswahlverfahren der Hochschule als sonstige Leistung zugunsten der Tochter gewertet worden war, konnte keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden.

Außerdem war der Freiwilligendienst nicht nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG begünstigt. Insbesondere lag kein freiwilliges soziales Jahr i.S.d. FSJG vor. Schließlich war die Ordensgemeinschaft im streitigen Zeitraum nicht als Trägerorganisation i.S.v. § 5 Abs. 2 FSJG zugelassen. Insofern schied auch eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG aus, da die Vorschrift keine planwidrige Regelungslücke erkennen ließ. Es liegt im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, nur anerkannte, bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen genügende Dienste zu fördern.

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