08.02.2019

Kindergeldrückforderung: Mitwirkungspflichten für einen Billigkeitserlass

Die gerichtliche Überprüfung einer den Billigkeitserlass einer Kindergeldrückforderung betreffenden Behördenentscheidung hat u.a. zu berücksichtigen, ob und inwieweit der Kindergeldberechtigte seine Mitwirkungspflichten erfüllte. Dies erfordert jedenfalls nähere Feststellungen dazu, auf welchem Tatbestand die Kindergeldfestsetzung beruhte und worin die Mitwirkungspflicht bestand.

BFH v. 13.9.2018 - III R 48/17
Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist die Mutter eines im September 1990 geboren Sohnes, für den sie zunächst Kindergeld bezog. Dieser teilte dem Jobcenter am 5.1.2012 mit, dass er der beklagten Familienkasse am 14.10.2010 seinen Gesellenbrief übersandt habe. Im Zeitraum vom 1.1.2011 bis 30.6.2011 wurde das Kindergeld für den Sohn vom Jobcenter bei seiner Einkommensberechnung nach dem SGB II berücksichtigt und auf die Leistungen angerechnet.

Mit Bescheid vom 13.10.2011 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2011 auf und forderte von der Klägerin die Rückzahlung des für den Zeitraum Januar 2011 bis April 2011 gezahlten Kindergeldes i.H.v. 736 €. Zur Begründung führte sie aus, der Sohn habe eine Beschäftigung aufgenommen, die den Anspruch auf Kindergeld ausschließe.

Im Juni 2012 beantragte die Klägerin, die Rückforderung zu erlassen. Dies lehnte die Familienkasse ab. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom 5.9.2012 und mit beim Sozialgericht erhobener Untätigkeitsklage vom 12.3.2013. Nachdem das Sozialgericht das Klageverfahren an das FG verwiesen hatte und die Familienkasse über den Einspruch am 14.2.2014 entschieden hatte, gab das FG der Klage statt; die Rückforderung sei aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen.

Auf die Revision der Familienkasse hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Gründe:

Das FG ging zu Unrecht davon aus, dass die Klägerin keine Mitwirkungspflichten verletzt habe. Es bestand im Streitfall keine Ermessensreduktion auf Null dahingehend, dass nur ein Erlass das einzig mögliche Ergebnis der Ermessensausübung sein konnte.

Ob ein Gesetzesüberhang, der einen Billigkeitserlass rechtfertigt, anzunehmen ist, wenn ein Kindergeldberechtigter seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist und das Kindergeld ohne dessen Verschulden weitergewährt wurde, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden. Denkbar sind Konstellationen, in denen der Rückforderungsanspruch aufgrund eines über Gebühr langen Zuwartens der Familienkasse entstanden ist oder sich erhöht hat oder in denen die Familienkasse aus den ihr bekannten Tatsachen die unzutreffenden Schlüsse gezogen hat. Von Bedeutung kann auch sein, ob ein Beteiligter eine falsche Auskunft erteilt, einen gebotenen Hinweis unterlassen hat oder ob eine gebotene Rückfrage an den Kindergeldberechtigten unterblieben ist.

Im Streitfall fehlte es sowohl im Hinblick auf die Annahme des FG, es liege keine Mitwirkungs- und Mitteilungspflichtenverletzung der Anspruchsberechtigten vor, als auch bezüglich der Feststellung, die Familienkasse habe mit dem Aufhebungsbescheid über Gebühr zeitlich zugewartet, an der Nachvollziehbarkeit in diesem Sinne.

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