Kirchlicher Kindergarten kann Betrieb gewerblicher Art sein
FG Hamburg 5.2.2013, 3 K 74/12Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Übertragung eines für einen Kindergarten genutzten Grundstücks von einer Kirchengemeinde auf eine andere nach § 4 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerfrei ist.
Der Kläger, ein evangelisch-lutherischer Kirchenkreis, erwarb von einer in seinem Bezirk liegenden Kirchengemeinde ein mit Kapelle, Gemeindehaus, Pastorat und Kindergarten bebautes Grundstück. Die Verwaltung des Kindergartens hatte der Kläger bereits zuvor übernommen, wobei die Trägerschaft einschließlich der religionspädagogischen Betreuung der Kinder zunächst bei der Gemeinde verblieben war.
Nach Veräußerung des Grundstücks ließ der Kläger die vorhandenen Gebäude mit Ausnahme des Pastorats abreißen und einen neuen und größeren Kindergartenbau errichten. Im Kaufvertrag wurde die Unterhaltung des christlich geprägten Kindergartens auf den Kläger übertragen. Das Finanzamt setzte für den Erwerb des Grundstücks Grunderwerbsteuer fest.
Das FG wie die hiergegen gerichtete Klage ab. Die zwischenzeitlich anhängige Revision wird beim BFH unter dem Az: II R 11/13 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Übertragung des Grundstücks zu Recht der Grunderwerbsteuer unterworfen.
Nach § 4 Nr. 1 GrEStG ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen von der einen auf die andere juristische Person übergeht und nicht überwiegend einem Betrieb gewerblicher Art dient. Für den Übergang einer öffentlichen-rechtlichen Aufgabe aus Anlass der Grundstücksveräußerung i.S.d. § 4 Nr. 1 GrEStG genügt es zwar, wenn die konkret auf dem veräußerten Grundstück ausgeübte öffentlich-rechtliche Aufgabe auf den Erwerber übergeht. Das ist bei der Übertragung der Trägerschaft für einen kirchlichen Kindergarten von einer Kirchengemeinde auf den Kirchenkreis der Fall. Die Unterhaltung des Kindergartens ist (kirchlich-) öffentlich-rechtliche Aufgabe.
Der Steuerbefreiung steht allerdings entgegen, dass das übertragene Grundstück überwiegend zum Betrieb gewerblicher Art (BgA) genutzt wird. Für die Bestimmung des Begriffs ist auf die Definition in § 4 Abs. 1 KStG zurückzugreifen, nach der alle Einrichtungen BgA sind, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben, ohne dass die Absicht, Gewinn zu erzielen und eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erforderlich sind.
In Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH zu kommunalen Kindergärten und unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Selbstverwaltung kirchlicher Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt, dass die Grenze zum BgA und damit zur Steuerpflicht von kirchlichen Einrichtungen dort überschritten wird, wo sie mit ihren Angeboten und Leistungen in einen Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Anbietern treten und der Bezug zum kirchlichen Verkündigungsauftrag demgegenüber zurücktritt.
Bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nimmt die religiöse Betreuung der Kinder etwa durch wöchentliche Andachten keinen derart großen Raum ein und verursacht keinen derartigen Mehraufwand, dass die Kinderbetreuung selbst nur eine Art Nebentätigkeit wäre. Aus Sicht der Eltern als Kunden des Kindergartens stellt die Tagesbetreuung ihrer Kinder vielmehr die Hauptleistung und -tätigkeit des Kindergartenträgers dar.
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