18.07.2024

Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen Personengesellschaft bei Streit über die Auslegung und Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede

1. Eine Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen (Fonds-)Personengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist gegeben, wenn über die Auslegung und steuerrechtliche Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede Streit besteht.
2. Die Klagebefugnis der Gesellschafter entfällt auch nicht deshalb zugunsten einer alleinigen Klagebefugnis der Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, weil das Finanzamt aus der Nichtanerkennung der Gewinnverteilungsabrede den Schluss zieht, dass kapital-disproportionale Gewinnanteile aus einem Carried Interest auf Ebene der Fondsgesellschaft als Tätigkeitsvergütungen und Aufwendungen der Gesellschaft zu behandeln sind und dies in der Ermittlung der festzustellenden Einkünfte auf der Gesellschaftsebene berücksichtigt wird.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.4.2024 - VIII R 3/21

FGO § 48 Abs 1 Nr. 1, § 48 Abs 1 Nr. 4, § 60 Abs 3, § 123 Abs 1 S 2
AO § 39 Abs 2 Nr. 2, § 180 Abs 1 S 1 Nr. 2 Buchst a
EStG § 18 Abs 1 Nr. 4, § 20


Ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO) kann eine Vielzahl selbständiger Regelungen enthalten, die selbständig angefochten werden und in Rechtskraft erwachsen können. Angefochten waren im Streitfall die nach der Außenprüfung geänderten Feststellungen zu den Einkünften aus Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinnen sowie aus privaten Veräußerungsgeschäften, soweit sie auf die inländischen Feststellungsbeteiligten entfallen sowie die Werbungskosten der inländischen Feststellungsbeteiligten in den Streitjahren 2006 und 2007.

Das FG hatte für die Anfechtung dieser verfahrensrechtlich eigenständigen Feststellungen zu Recht die Gesellschaft als Klägerin gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als klagebefugt angesehen. Es hatte jedoch nicht berücksichtigt, dass auch sämtliche inländische Feststellungsbeteiligte, soweit sie nicht ausgeschieden und schon deshalb gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO klagebefugt sind, gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO klagebefugt sind.

Die Beurteilung der Klagebefugnis richtet sich auch dann nach § 48 FGO, wenn Einkünfte nur für den Kreis der inländischen Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft mit inländischen und ausländischen Gesellschaftern gesondert und einheitlich festgestellt werden. Es ist für die Anwendung der Vorschrift unerheblich, dass sich die Feststellung nur auf solche Personen bezieht, die der inländischen Besteuerung unterliegen und nicht Personen umfasst, die an derselben ausländischen Personengesellschaft beteiligt und nur im Ausland steuerpflichtig sind.

Bei Anwendung der ab 1.1.2024 geltenden Neufassung des § 48 FGO ergibt sich eine Klagebefugnis der Klägerin als rechtsfähige Außenpersonengesellschaft aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a FGO i.V.m. § 14a Abs. 1 AO, da die Höhe der auf Ebene der Klägerin gemeinschaftlich erzielten Einnahmen und getätigten Ausgaben streitig ist.

Neben den vom FG zu Recht beigeladenen ausgeschiedenen inländischen Gesellschaftern (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a.F.) sind jedoch auch die übrigen inländischen Gesellschafter als Feststellungsbeteiligte gemäß § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren notwendig beizuladen. Sie sind jeweils gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO a.F./n.F. klagebefugt. Die Alt- und die Neufassung der Norm sind insoweit wort- und inhaltsgleich.

Die Klagebefugnis eines Gesellschafters gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO ist insbesondere dann eröffnet, wenn er geltend macht, dass der Gewinn auf Ebene der Gesellschaft ganz oder teilweise anderen Gesellschaftern zuzurechnen sei. Es ist für die Annahme der Klagebefugnis aller inländischen Feststellungsbeteiligten gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO unerheblich, dass der General Partner und die übrigen ausländischen Gesellschafter der Klägerin keine Feststellungsbeteiligten sind. § 48 FGO (einschließlich § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO) ist uneingeschränkt auch dann anzuwenden, wenn eine gesonderte und einheitliche Feststellung im Streit steht, in der die Einkünfte einer ausländischen Personengesellschaft nur für die Feststellungsbeteiligten mit inländischen einkommensteuer- und körperschaftsteuerlichen Einkünften gesondert und einheitlich festgestellt werden.

Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Wird die Klage ‑ wie im Streitfall ‑ nicht von allen nach § 48 FGO Klagebefugten erhoben, müssen die übrigen Klagebefugten mit Ausnahme solcher, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein können, zum Verfahren notwendig beigeladen werden. Im Streitfall hat der BFH das ihm nach § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eingeräumte Ermessen dahingehend ausgeübt, die erforderlichen notwendigen Beiladungen nicht selbst nachzuholen, sondern den Streitfall an das FG - unter Beifügung von bei der Entscheidung zu beachtenden Hinweisen - zurückverwiesen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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