10.09.2018

Körperschaftsteuer: Keine Korrektur einer Beteiligungsabschreibung nach § 1 AStG

Die Ausführungen des BFH zum abkommensrechtlichen Grundsatz des "dealing at arm's length" bei verbundenen Unternehmen im Verhältnis zur vGA treffen in gleichem Maße auf das Verhältnis der in Art. 5 DBA-Frankreich getroffenen Regelung zur außerbilanziellen Zurechnung gem. § 1 Abs. 1 AStG zu. Allerdings wird zur Fortbildung des Rechts durch den BFH und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen, auch wenn das Gericht die Ausführungen des Finanzamtes im Rahmen des Nichtanwendungserlass für verfehlt hält.

FG Köln 19.4.2018, 10 K 2115/16
Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist als Gesamtrechtsnachfolgerin der B-GmbH. Diese hatte im Oktober 2004 eine 50%ige Beteiligung an der französischen Gesellschaft A S.A.R.L. erworben. Die Anschaffungskosten betrugen 65.000 €. Die übrigen Anteile an der A-S.A.R.L. hielt in den Streitjahren 2005 und 2006 der Geschäftsführer der Klägerin, der zugleich Anteilseigner der ehemaligen B-Verwaltungs-GmbH war, die wiederum zu 100% an der Klägerin beteiligt war.

Die B-GmbH gewährte ihrer Tochtergesellschaft A-S.A.R.L. Darlehen i.H.v. insgesamt 199.000 €, die für die Begleichung von Verbindlichkeiten im Außenverhältnis (Personal und Steuern) benötigt wurden. Im Streitjahr 2005 nahm die B-GmbH auf die Darlehensforderungen, die sich durch Tilgungen und Umbuchungen teilweise reduziert hatten, eine Teilwertabschreibung i.H.v. 34.208 € vor. Im Streitjahr 2006 wurde auf den Restbestand der Darlehensforderungen i.H.v. 115.000 € noch mal eine Teilwertabschreibung in gleicher Höhe vorgenommen. Die A-S.A.R.L. wurde im Jahr 2007 gelöscht und der Beteiligungsansatz bei der GmbH vollständig abgeschrieben.

Bei einer Betriebsprüfung erkannte der Prüfer die Abschreibung auf die Darlehensforderungen unter Hinweis auf § 8b Abs. 3 S. 3 KStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 i.V.m. § 8b Abs. 3 S. 3 KStG 2004 nicht an und rechnete sie dem Einkommen wieder hinzu. Das Finanzamt folgte dieser Ansicht. Die Klägerin war der Ansicht, dass unter Hinweis auf das BFH-Urteil v. 14.1.2009  (Az.: I R 52/08) die neue, für die Klägerin nachteilige Fassung des § 8b Abs. 3 S. 3 KStG nicht auf Veranlagungszeiträume vor 2008 anzuwenden und die Teilwertabschreibungen somit anzuerkennen seien. In der Folge dieser Entscheidung erließ die Verwaltung das BMF‑Schreiben vom 29.3.2011 (BStBI I 2011, 277) zu Darlehensgewährungen an eine nahestehende ausländische Gesellschaft, das die Anwendung des § 1 Abs. 1 AStG in diesen Fällen vorsah.

Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. I R 21/18 anhängig.

Die Gründe:

Das Finanzamt hat die Teilwertabschreibungen zu Unrecht unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 29.3.2011 (BStBl I 2011, 277) nicht anerkannt. Das Gericht folgt nicht der Ansicht der Verwaltung, dass trotz der unstreitig fehlenden Bonität der A-S.A.R.L. der Rückzahlungsanspruch der GmbH deshalb nicht gefährdet gewesen sei, weil die F-GmbH der A‑S.A.R.L. einen Konzernrückhalt geboten habe. Diese Auffassung widerspricht nämlich dem BFH-Urteil vom 24.6.2015 (Az.: I R 29/14). Danach liegt aufgrund des sog. Konzernrückhalts zwar die Annahme nahe, dass die Obergesellschaft für den etwaigen Ausfall der Darlehenssumme "geradesteht", mit der Folge, dass nach dem BFH-Urteil vom 29.10.1997 (Az.: I R 24/97) eine Darlehensvereinbarung auch dann Fremdvergleichsgrundsätzen entsprechen kann, wenn die Darlehensforderung nicht gesondert besichert ist. Soweit die Finanzverwaltung dieser Rechtsprechung aber im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 AStG entnimmt, dass eine an sich gebotene Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG mangels dauernder Wertminderung auszuschließen ist, hat der BFH im Urteil vom 24.6.2015 ausdrücklich auf ein Missverständnis seiner Rechtsprechung durch die Verwaltung hingewiesen.

Die Teilwertabschreibungen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG bilanzsteuerrechtlich zulässig, und die außerbilanzielle Korrektur nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 AStG ist nach dem abkommensrechtlichen Grundsatz des "dealing at arm's length" gesperrt. Bereits in seinem Urteil vom 11.10.2012 (Az.: I R 75/11) hat der BFH erkannt, dass der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm's length" bei verbundenen Unternehmen eine Sperrwirkung gegenüber den sog. Sonderbedingungen entfaltet, denen beherrschende Unternehmen im Rahmen der Einkommenskorrektur nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG bei Annahme einer vGA unterworfen sind. Weiter ist wiederholt höchstrichterlich entschieden, dass Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen keine bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigenden Gewinnminderungen i.S. § 8b Abs. 3 KStG i.d.F. bis zur Änderung durch das JahresStG 2008 vom 20.12.2007 sind.

In der Folge des BFH-Urteils vom 14.1.2009 (Az.: I R 52/08) erließ die Verwaltung das vorliegend auch vom Finanzamt in Bezug genommene BMF-Schreiben vom 29.3.2011 zu Darlehensgewährungen an eine nahestehende ausländische Gesellschaft, das die Anwendung des § 1 Abs. 1 AStG in diesen Fällen vorsieht. Die Ausführungen des BFH zum abkommensrechtlichen Grundsatz des "dealing at arm's length" bei verbundenen Unternehmen im Verhältnis zur vGA treffen in gleichem Maße auf das Verhältnis der in Art. 5 DBA-Frankreich getroffenen Regelung zur außerbilanziellen Zurechnung gem. § 1 Abs. 1 AStG zu. Daher kann sich eine nach § 1 Abs. 1 AStG im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zwischen verbundenen Unternehmen im Einklang mit dem Abkommensrecht vorzunehmende Einkommenskorrektur nur auf jene Beträge beziehen, die durch einen nicht fremdvergleichsgerechten, zu niedrigen Zins bewirkt werden; im Umfang der Teilwertabschreibungen scheidet eine Korrektur hiernach hingegen in jedem Falle aus. Der erkennende Senat hält auch diese Ausführungen des BFH für zutreffend und folgt ihnen ebenfalls.

Allerdings wird zur Fortbildung des Rechts durch den BFH und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen, auch wenn das Gericht die Ausführungen des Finanzamtes im Rahmen des Nichtanwendungserlass für verfehlt hält, zumal die Verwaltung in ihrem Erlass über die Beantragung der Verfahrensruhe den zwischenzeitlich ausstehenden Entscheidungen des BFH in den Verfahren I R 73/16 und I R 5/17 grundsätzliche Relevanz für das vorliegende Klageverfahren beimisst (vgl. OFD Nordrhein-Westfalen, 1.8.2017), andererseits jedoch bereits vorliegende Judikate zu den streitentscheidenden Rechtsfragen mit einem Nichtanwendungserlass belegt. Dabei missachtet die Verwaltung, dass die Rechtsordnung den obersten Gerichten des Bundes (Art. 95 Abs. 1 GG) die Leitfunktion zuschreibt, das Recht fortzubilden und Wertungswidersprüche im geltenden Recht zu minimieren, so dass nur sie als letzte Instanz darüber befinden, was Recht ist. Danach vermag die Exekutive Entscheidungen des BFH nicht aufzuheben, wohl aber der BFH Entscheidungen der Verwaltung.

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