11.04.2024

Kosten des Insolvenzenzverfahrens keine Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastung

Die Kosten des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners sind keine Werbungskosten im Zusammenhang mit der Erzielung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter. Sie stellen auch keine außergewöhnliche Belastung dar.

FG Hamburg v. 19.10.2023 - 1 K 97/22
Der Sachverhalt:
Über das Vermögen der Klägerin war wegen Zahlungsunfähigkeit ein (Regel-)Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Eigentum der Klägerin stehende Vermietungsobjekte wurden im Streitjahr 2017 durch die Insolvenzverwalterin verwertet. Das Insolvenzverfahren wurde im Jahr 2020 beendet, wobei es aufgrund der Verwertung des Vermögens der Klägerin im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubiger kam.

Die Klägerin beantragte, dass die erklärten und veranlagten Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften um die als Werbungskosten zu berücksichtigenden Kosten des Insolvenzverfahrens zu reduzieren seien. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass keine Werbungskosten i.S.d. § 9 Absatz 1, Satz 1 EStG vorlägen, da das Insolvenzverfahren dazu diene, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt werde.

Das FG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Allerdings wurde Revision eingelegt. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: IX R 29/23 anhängig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Recht die Kosten des Insolvenzverfahrens weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG) noch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) noch als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) berücksichtigt.

Für den Fall eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (§§ 304 ff. InsO) ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass die Vergütung eines Insolvenztreuhänders nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Einkünfteerzielungssphäre des Steuerpflichtigen steht, da die subjektiven Anforderungen an das Vorliegen von Werbungskosten nicht erfüllt sind. Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens dient nämlich primär dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt wird (§ 1 InsO). Ferner soll der redliche Schuldner die Chance erhalten, sich von seinen Schulden zu befreien (§ 1 i.V.m. §§ 287, 305 InsO). Diese Grundsätze wurden von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung auch auf das Regelinsolvenzverfahren übertragen.

Zwar war vorliegend weder eine Restschuldbefreiung beantragt noch erteilt worden, sondern eine vollständige Gläubigerbefriedigung durch die Verwertung des Vermögens der Schuldnerin erzielt worden. Gleichwohl fehlte es am notwendigen Veranlassungszusammenhang. Dabei hat der Senat im Rahmen der gebotenen wertenden Betrachtung insbesondere berücksichtigt, dass das Insolvenzverfahren durch Fremdinsolvenzanträge initiiert worden war und dass die den Fremdinsolvenzanträgen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten keinen näheren Bezug zu den Vermietungsobjekten aufgewiesen hatten.

Die Kosten waren auch nicht als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG steuermindernd zu berücksichtigen. So ist bereits höchstrichterlich entschieden, dass die Überschuldung von Privatpersonen kein gesellschaftliches Randphänomen und damit außergewöhnlich ist. Das Niedersächsische FG hat für Insolvenzen im betrieblichen Bereich entschieden, dass dort eine Insolvenz erst recht kein außergewöhnliches Ereignis darstellt, sondern vielmehr zur Marktwirtschaft systemimmanent als Vorgang der natürlichen Auslese dazu gehört.

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