Kosten einer Ehescheidung in vollem Umfang als außergewöhnliche Belastung absetzbar
FG Düsseldorf 19.2.2013, 10 K 2392/12 EDie Ehe der Klägerin war im Streitjahr 2010 geschieden worden. Dabei wurden Rentenanwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu ihren Gunsten begründet. Mit gerichtlich protokolliertem Vergleich wurde außerdem der Zugewinnausgleich und nachehelicher Unterhalt geregelt. Die von ihr gezahlten Anwalts- und Gerichtskosten i.H.v. 8.195 € machte sie später in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Das Finanzamt erkannte die Kosten nur insoweit steuerwirksam an, als sie auf die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich entfielen. Soweit die Aufwendungen auf die Regelung der Vermögensauseinandersetzung (Zugewinnausgleich) und der Unterhaltsansprüche entfielen, ließ es sie nicht zum Abzug zu.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die insgesamt anlässlich des Ehescheidungsverfahrens geltend gemachten Aufwendungen von 8.195 € für Anwalts- und Gerichtskosten waren als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Der BFH hat mit Urteil vom 12.5..2011 (Az.: VI R 42/10) unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass Zivilprozesskosten (stets) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Prozesskosten, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung des Vermögens bzw. mit dem Streit über den Zugewinnausgleich entstehen, sollen dagegen nach bisheriger Rechtsprechung nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sein, da es die Eheleute in der Hand haben, die vermögensrechtliche Einigung ohne Inanspruchnahme der Gerichte herbeizuführen. Dieser Begrenzung der Abzugsfähigkeit vermochte sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.
Das Recht der Ehe (Eheschließung und -scheidung einschließlich der daraus folgenden Unterhalts-, Vermögens- und Versorgungsfragen) unterliegt allein dem staatlich dafür vorgesehenen Verfahren. Ein anderes, billigeres Verfahren steht Eheleuten zur Beendigung einer Ehe nicht zur Verfügung. § 623 ZPO a.F. ordnet für den Fall, dass im Zusammenhang mit der Durchführung eines Scheidungsverfahrens die Regelung einer anderen Familiensache begehrt wird (sog. Folgesachen), einen Verhandlungs- und Entscheidungsverbund zwischen der Scheidungssache und der Folgesache an. Dieser bewirkt einen Zwang zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Ein unter Missachtung des Verbunds gefälltes Scheidungsurteil leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Diese nicht zuletzt aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Erwägungen werden verletzt, wenn die Möglichkeit der Abzugsfähigkeit von Ehescheidungskosten (Anwalts- und Gerichtskosten) auf Fälle des sog. Zwangsverbundes zwischen Ehescheidung und Versorgungsausgleich begrenzt wäre.
Damit stellte der Senat sich gegen einen Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung vom 20.12.2011 (BMF-Schreiben v. 20.12.2011 - IV C 4-S 2284/07/0031:002, 2011/1025909 - BStBl I 2011, 1286), wonach die Finanzverwaltung bei Ehescheidungen einen vollständigen Abzug der Zivilprozesskosten nicht zulässt. Nach Änderung der Rechtsprechung erschien es zudem angemessen, dem BFH Gelegenheit zu geben, die einschränkende Rechtsprechung zu den Kosten eines Ehescheidungsverfahrens zu überprüfen. Im Übrigen sind weitere Revisionsverfahren zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen aus der Inanspruchnahme von Gerichten als außergewöhnliche Belastungen beim BFH anhängig.
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