Kosten für die Abschirmung von Elektrosmog können steuerlich absetzbar sein
FG Köln 8.3.2012, 10 K 290/11Die Beteiligten stritten über die Frage, ob im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 2009 Kosten für in der Wohnung der Klägerin durchgeführten Hochfrequenzabschirmungen an der äußeren Gebäudehülle sowie im Bodenbereich der Wohnung i.H.v. 17.075 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden müssen. Die Klägerin machte entsprechende Kosten in ihrer Steuererklärung geltend. Das Finanzamt berücksichtigte diese allerdings nicht, da kein amtsärztliches Gutachten vorgelegt worden sei.
Vorgelegt wurden vielmehr zwei Privatgutachten. Daraus ging hervor, dass die Klägerin seit drei Jahren zunehmend unter Migräne und Tinnitus litt. Die Ärztin diagnostizierte insoweit eine ausgeprägte Elektrosensibilität. Sie wies daraufhin, dass nach Abschirmmaßnahmen die Beschwerden schlagartig verschwunden seien. Das Finanzamt war trotzdem der Ansicht, dass die medizinische Notwendigkeit der Maßnahmen nicht nachgewiesen sei, da allein die Bescheinigung einer Gynäkologin nicht ausreiche.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Die Aufwendungen für die Abschirmmaßnahmen waren als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG im Rahmen der Veranlagung des Jahres 2009 i.H.v. 17.075,- € zu berücksichtigen.
Bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, verlangte der BFH früher einen formalisierten Nachweis. An diesem formalisierten Nachweisverlangen hält er allerdings seit 2010 (BFH-Urteil v. 11.11.2010, Az.: VI R 17/09) nicht mehr fest. Denn derartige Nachweispflichten ergäben sich nicht aus dem Gesetz und widersprächen dem in § 96 Abs. 1 S. 1 FGO geregelten Grundsatz der freien Beweiswürdigung.
Im Rahmen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 hat der Gesetzgeber zwar in § 33 Abs. 4 EStG bestimmt, dass die Bundesregierung durch eine Rechtsverordnung Einzelheiten zum Nachweis von Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen bestimmen kann. Allerdings ließ sich - unabhängig von der Frage, ob die Änderung der EStDV eine verfassungswidrige Rückwirkung beinhaltet - aus § 64 EStDV nicht entnehmen, dass zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der streitgegenständlichen Kosten ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung notwendig gewesen sei. Denn die streitgegenständlichen Maßnahmen ließen sich unter keine der in § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV genannten Alternativen subsumieren.
Weder handelt es sich bei den Umbaumaßnahmen um medizinische Hilfsmittel i.S.d. Buchstaben e) noch handelt es sich um eine Behandlungsmethode i.S.d. Buchstaben f). Eine analoge Anwendung im Hinblick auf die streitgegenständlichen Baumaßnahmen verbot sich, da diese zu Lasten der Klägerin gegangen wäre. Insoweit hätte der Verordnungsgeber seinerseits eine entsprechende bestimmte Regelung treffen müssen.
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