Kosten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft als Nachlassverbindlichkeiten
Kurzbesprechung
BFH v. 21.8.2024 - II R 43/22
BGB § 1922 Abs. 1, BGB § 2032, BGB § 2033 Abs. 2, BGB § 2042, BGB § 2048 Satz 1, BGB § 2059, BGB § 2060, BGB § 2197 Abs. 1, BGB § 2204 Abs. 1, ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, ErbStG § 10 Abs. 1 Satz 1, ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1, ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3, ErbStG § 12
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer. Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG gilt in den Fällen des § 3 ErbStG unbeschadet § 10 Abs. 10 ErbStG als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegt, die nach § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abgezogen werden.
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sieht vor, dass von dem Erwerb unter anderem die Kosten als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sind, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen.
Der Begriff "Kosten der Regelung des Nachlasses" ist weit auszulegen. Er umfasst die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses einschließlich von Bewertungskosten, aber auch alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Die Kosten müssen in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG) anfallen. Die Abgrenzung zwischen Kosten der Nachlassregelung und Kosten der Nachlassverwaltung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
So wie § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG einen unmittelbaren Zusammenhang der Kosten mit den jeweiligen Abzugstatbeständen verlangt, liegen Kosten der Nachlassverwaltung dann vor, wenn er fehlt. Die darin liegende Zäsur zwischen Erwerbserlangungskosten und Nachlassverwaltungskosten ist indes kein für den jeweiligen Erbfall und auch kein für alle Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG gleich zu definierender, einheitlicher und feststehender Zeitpunkt. Sie markiert eine inhaltliche Grenze zwischen den nachlassspezifischen Kosten auf der einen Seite und denjenigen Kosten auf der anderen Seite, die ihrer Art nach ebenso anfallen können, wenn die Gegenstände, um die es geht, sich nicht oder nicht mehr in einem Nachlass befinden. In diesem Falle ist der durch das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" gekennzeichnete Veranlassungszusammenhang unterbrochen.
Zu den als Nachlassregelungskosten abzugsfähigen Aufwendungen für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft können, wenn - wie im Streitfall - die Auseinandersetzung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Tod des Erblassers erfolgt, auch Kosten gehören, die im Rahmen der Teilung des Nachlasses für den Verkauf beweglicher Nachlassgegenstände durch Versteigerung anfallen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verkauf dazu dient, die Geldbeträge zu erlangen, die nach dem testamentarischen Willen des Erblassers an die einzelnen Miterben ausgezahlt werden sollen. Darunter können Kosten für die Sichtung der Nachlassgegenstände, deren Inventarisierung sowie Kosten für die Vermittlung, Vorbereitung und Durchführung der Versteigerung fallen. Eingeschlossen sein können auch Kosten, die notwendigerweise für die Lagerung der Nachlassgegenstände bis zu deren Veräußerung und der darauffolgenden Auflösung der Erbengemeinschaft anfallen. Diese Kosten dienen dazu, den Nachlass bei einer Erbengemeinschaft im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zu verteilen. Es handelt sich dabei nicht um nichtabzugsfähige Nachlassverwaltungskosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG. Der Verkauf der Nachlassgegenstände dient in diesem Fall nicht der Erhaltung, Mehrung, Nutzung oder Verwertung des Nachlassvermögens, sondern er ist notwendig, um den Nachlass nach der letztwilligen Verfügung des Erblassers in Geld auf die Miterben zu verteilen.
Es ist für den Abzug unschädlich, sondern vielmehr für die Nachlassabwicklungs-, Nachlassregelungs- und Nachlassverteilungskosten typisch, dass der Erbe selbst die Kosten ausgelöst hat. Das Gleiche gilt, wenn der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat (§ 2197 Abs. 1 BGB) und der Testamentsvollstrecker die Kosten im Rahmen der Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Miterben, die er nach § 2204 Abs. 1 BGB zu bewirken hat, auslöst. Dabei ist unerheblich, ob eine kostengünstigere Lösung möglich gewesen wäre.
Verlag Dr. Otto Schmidt
BGB § 1922 Abs. 1, BGB § 2032, BGB § 2033 Abs. 2, BGB § 2042, BGB § 2048 Satz 1, BGB § 2059, BGB § 2060, BGB § 2197 Abs. 1, BGB § 2204 Abs. 1, ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, ErbStG § 10 Abs. 1 Satz 1, ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1, ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3, ErbStG § 12
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer. Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG gilt in den Fällen des § 3 ErbStG unbeschadet § 10 Abs. 10 ErbStG als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegt, die nach § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abgezogen werden.
§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sieht vor, dass von dem Erwerb unter anderem die Kosten als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sind, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen.
Der Begriff "Kosten der Regelung des Nachlasses" ist weit auszulegen. Er umfasst die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses einschließlich von Bewertungskosten, aber auch alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Die Kosten müssen in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG) anfallen. Die Abgrenzung zwischen Kosten der Nachlassregelung und Kosten der Nachlassverwaltung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
So wie § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG einen unmittelbaren Zusammenhang der Kosten mit den jeweiligen Abzugstatbeständen verlangt, liegen Kosten der Nachlassverwaltung dann vor, wenn er fehlt. Die darin liegende Zäsur zwischen Erwerbserlangungskosten und Nachlassverwaltungskosten ist indes kein für den jeweiligen Erbfall und auch kein für alle Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG gleich zu definierender, einheitlicher und feststehender Zeitpunkt. Sie markiert eine inhaltliche Grenze zwischen den nachlassspezifischen Kosten auf der einen Seite und denjenigen Kosten auf der anderen Seite, die ihrer Art nach ebenso anfallen können, wenn die Gegenstände, um die es geht, sich nicht oder nicht mehr in einem Nachlass befinden. In diesem Falle ist der durch das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" gekennzeichnete Veranlassungszusammenhang unterbrochen.
Zu den als Nachlassregelungskosten abzugsfähigen Aufwendungen für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft können, wenn - wie im Streitfall - die Auseinandersetzung in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Tod des Erblassers erfolgt, auch Kosten gehören, die im Rahmen der Teilung des Nachlasses für den Verkauf beweglicher Nachlassgegenstände durch Versteigerung anfallen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Verkauf dazu dient, die Geldbeträge zu erlangen, die nach dem testamentarischen Willen des Erblassers an die einzelnen Miterben ausgezahlt werden sollen. Darunter können Kosten für die Sichtung der Nachlassgegenstände, deren Inventarisierung sowie Kosten für die Vermittlung, Vorbereitung und Durchführung der Versteigerung fallen. Eingeschlossen sein können auch Kosten, die notwendigerweise für die Lagerung der Nachlassgegenstände bis zu deren Veräußerung und der darauffolgenden Auflösung der Erbengemeinschaft anfallen. Diese Kosten dienen dazu, den Nachlass bei einer Erbengemeinschaft im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zu verteilen. Es handelt sich dabei nicht um nichtabzugsfähige Nachlassverwaltungskosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG. Der Verkauf der Nachlassgegenstände dient in diesem Fall nicht der Erhaltung, Mehrung, Nutzung oder Verwertung des Nachlassvermögens, sondern er ist notwendig, um den Nachlass nach der letztwilligen Verfügung des Erblassers in Geld auf die Miterben zu verteilen.
Es ist für den Abzug unschädlich, sondern vielmehr für die Nachlassabwicklungs-, Nachlassregelungs- und Nachlassverteilungskosten typisch, dass der Erbe selbst die Kosten ausgelöst hat. Das Gleiche gilt, wenn der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat (§ 2197 Abs. 1 BGB) und der Testamentsvollstrecker die Kosten im Rahmen der Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Miterben, die er nach § 2204 Abs. 1 BGB zu bewirken hat, auslöst. Dabei ist unerheblich, ob eine kostengünstigere Lösung möglich gewesen wäre.