23.09.2011

Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit

Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer ist eine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Fahrzeug, für dessen Halten die Kraftfahrzeugsteuer geschuldet wird, Teil der Insolvenzmasse ist. Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse und unterliegen als Teil des insolvenzfreien Vermögens des Schuldners nicht der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters.

BFH 13.4.2011, II R 49/09
Der Sachverhalt:
Der Schuldner, über dessen Vermögen im November 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, ist als Arbeitnehmer tätig und besucht außerhalb der Arbeitszeit eine Technikerschule. Auf den Schuldner war im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Motorrad zugelassen. Das Finanzamt setzte im Januar 2008 die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab November 2007 gegen den Kläger als Treuhänder über das Vermögen des Schuldners auf jährlich 49 € fest. Damit folgte es der Auffassung des Klägers, die Steuerschuld sei nicht gegen ihn festzusetzen, weil das Kraftrad aufgrund der Pfändungsbeschränkungen des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht zur Insolvenzmasse gehöre und demgemäß keine Masseverbindlichkeit vorliege, nicht.

Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Es war der Auffassung, die Kraftfahrzeugsteuer sei eine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, da sie durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden sei. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hatte zu Unrecht angenommen, die Kraftfahrzeugsteuer sei gegenüber dem Kläger als Treuhänder über das Vermögen des Schuldners festzusetzen, da es sich bei ihr um eine Masseverbindlichkeit handele.

Entgegen der Ansicht des FG kommt es für die Beurteilung der Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit nicht auf eine Verwendungsmöglichkeit des Kraftrads "im Geschäft" des Schuldners und damit auf dessen Nutzung für die Insolvenzmasse an. Maßgebend ist vielmehr, ob das Kraftrad eine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist. Dies ist etwa der Fall, wenn die Abgabenforderung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde. Der Begriff der "Insolvenzmasse" ist in § 35 Abs. 1 InsO dahingehend bestimmt, dass das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen erfasst, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse.

Soweit die bisherige BFH-Rechtsprechung den dargestellten Grundsätzen widerspricht, hält der Senat hieran nicht fest. Der Senat teilt insbesondere nicht die im BFH-Urteil vom 29.8.2007 (Az.: IX R 4/07) vertretene Auffassung, dass die Rechtsposition als Halter eines Kraftfahrzeugs zur Insolvenzmasse gehört. Schließlich ist die Rechtsposition des Halters eines Kraftfahrzeugs kein "Vermögen" i.S.d. § 35 InsO. Soweit dem Halter eines Kraftfahrzeugs öffentlich-rechtliche Halterpflichten obliegen und er unter den Voraussetzungen des § 7 StVG für beim Betrieb des Kraftfahrzeugs verursachte Schäden haftet, fehlt es schon an einem Geldwert. Aber auch soweit der Halter einen Anspruch gegen die Haftpflichtversicherung hat, begründet dies keine Massezugehörigkeit der Rechtsposition des Fahrzeughalters zur Insolvenzmasse.

Das FG wird im weiteren Verfahren insbesondere zu prüfen haben, ob das Kraftrad deshalb nicht zur Insolvenzmasse gehörte, weil es nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar war. Nach dieser Vorschrift können Kraftfahrzeuge vor der Pfändung geschützt sein, die ein Arbeitnehmer für die täglichen Fahrten von seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz und zurück benötigt. Geschützt ist insoweit auch die auf künftigen Erwerb gerichtete persönliche Tätigkeit wie die Berufsausbildung, wenn mit einer alsbaldigen Aufnahme der neuen Erwerbstätigkeit sicher gerechnet werden kann.

Linkhinweis:

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