Krankentransport? Bei Beförderung auch nur eines Rollstuhlfahrers zur Arbeit ist Steuerbefreiung zu versagen
FG Münster v. 13.5.2020 - 6 K 574/19 Kfz
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Halterin eines Mehrzweckfahrzeuges, das über neun mögliche Sitzplätze einschließlich Fahrersitz verfügt und mit einer Rollstuhlverladerampe ausgestattet ist. Bei Nutzung des Rollstuhlplatzes sind nur drei bis sechs Sitzplätze nutzbar. Weiter sind im Fahrzeug drei Rasterschienen quer zur Fahrtrichtung zur Verankerung eines Rollstuhls installiert. Auf dem weißen Fahrzeug steht in großen Buchstaben "AALH Krankenfahrten" sowie die Telefonnummer des Unternehmens der Klägerin. Daneben ist die Klägerin Halterin weiterer Fahrzeuge.
Im Zeitraum August 2016 bis Dezember 2018 führte die Klägerin montags bis samstags regelmäßig zwischen drei und elf Fahrten pro Tag mit dem streitrelevanten Fahrzeug durch, wobei pro Fahrt bis zu sechs Personen gleichzeitig befördert wurden. Die Klägerin beförderte teilweise Einzelpersonen, führte aber auch vormittags Sammeltransporte zum Geriatrie Krankenhaus durch, bei denen regelmäßig vier bis fünf Personen gleichzeitig befördert wurden. Nachmittags wurden regelmäßig mehrere Personen gesammelt vor dem Geriatrie Krankenhaus zu verschiedenen Zielen befördert.
Die Klägerin beantragte für das streitrelevante Fahrzeug die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG. Der Antrag blieb erfolglos. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 Satz 1, 6. Fall KraftStG für das streitrelevante Fahrzeug.
Von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist nach § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG u.a. das Halten von Fahrzeugen, solange sie ausschließlich zur Krankenbeförderung verwendet werden. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist nach § 3 Nr. 5 Satz 2 KraftStG weiterhin, dass die Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar sind und dass sie, sofern sie nicht für eine der in § 3 Nr. 5 Satz 3 KraftStG aufgeführten Körperschaften zugelassen sind, nach ihrer Bauart und Einrichtung dem Verwendungszweck angepasst sind. Die Krankenbeförderung setzt bereits begrifflich voraus, dass kranke Menschen befördert werden.
Der Begriff der Krankheit ist im Gesetz allerdings nicht definiert, da sein Inhalt ständigen Änderungen unterliegt und der Begriff im jeweiligen Rechtszusammenhang und individuellem Fall gebraucht wird. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass Krankheit ein "anomaler körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand ist, der nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf". Dieser Krankheitsbegriff gilt auch für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer. Der Begriff der Behinderung (vgl. § 2 Abs. 1 SGB IX) ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Krankheit.
Infolgedessen liegen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 Satz 1, 6. Fall KraftStG hier nicht vor. Das streitrelevante Fahrzeug der Klägerin wird nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht ausschließlich zur Krankenbeförderung verwendet. Zwar werden ganz überwiegend kranke Personen jeweils zum Zweck einer bestimmten medizinischen Behandlung befördert. Diese Fahrten stehen auch mit der Krankheit der Personen im Zusammenhang. Jedoch hat die Klägerin im Streitzeitraum darüber hinaus auch einen Mitarbeiter des Hauptzollamtes regelmäßig befördert, ohne dass diese Beförderungen mit einer ärztlichen Behandlung im Zusammenhang standen.
Soweit die Klägerin den Herrn als Rollstuhlfahrer von seiner Wohnung zu seiner Tätigkeitsstätte beim Hauptzollamt oder zurück befördert hat, liegt jeweils eine schädliche Verwendung des streitrelevanten Fahrzeugs vor, welche die begehrte Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG ausschließt. Denn eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG für Fahrzeuge, die "zur Krankenbeförderung" verwendet werden, setzt weiter voraus, dass die Fahrzeuge "ausschließlich" für den im Gesetz genannten Zweck verwendet werden. Insofern liegt hier eine sog. steuerschädliche "Mischverwendung" vor. Diese war im Streitfall zudem auf Dauer angelegt.
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Die Klägerin ist Halterin eines Mehrzweckfahrzeuges, das über neun mögliche Sitzplätze einschließlich Fahrersitz verfügt und mit einer Rollstuhlverladerampe ausgestattet ist. Bei Nutzung des Rollstuhlplatzes sind nur drei bis sechs Sitzplätze nutzbar. Weiter sind im Fahrzeug drei Rasterschienen quer zur Fahrtrichtung zur Verankerung eines Rollstuhls installiert. Auf dem weißen Fahrzeug steht in großen Buchstaben "AALH Krankenfahrten" sowie die Telefonnummer des Unternehmens der Klägerin. Daneben ist die Klägerin Halterin weiterer Fahrzeuge.
Im Zeitraum August 2016 bis Dezember 2018 führte die Klägerin montags bis samstags regelmäßig zwischen drei und elf Fahrten pro Tag mit dem streitrelevanten Fahrzeug durch, wobei pro Fahrt bis zu sechs Personen gleichzeitig befördert wurden. Die Klägerin beförderte teilweise Einzelpersonen, führte aber auch vormittags Sammeltransporte zum Geriatrie Krankenhaus durch, bei denen regelmäßig vier bis fünf Personen gleichzeitig befördert wurden. Nachmittags wurden regelmäßig mehrere Personen gesammelt vor dem Geriatrie Krankenhaus zu verschiedenen Zielen befördert.
Die Klägerin beantragte für das streitrelevante Fahrzeug die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG. Der Antrag blieb erfolglos. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 Satz 1, 6. Fall KraftStG für das streitrelevante Fahrzeug.
Von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist nach § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG u.a. das Halten von Fahrzeugen, solange sie ausschließlich zur Krankenbeförderung verwendet werden. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist nach § 3 Nr. 5 Satz 2 KraftStG weiterhin, dass die Fahrzeuge äußerlich als für diese Zwecke bestimmt erkennbar sind und dass sie, sofern sie nicht für eine der in § 3 Nr. 5 Satz 3 KraftStG aufgeführten Körperschaften zugelassen sind, nach ihrer Bauart und Einrichtung dem Verwendungszweck angepasst sind. Die Krankenbeförderung setzt bereits begrifflich voraus, dass kranke Menschen befördert werden.
Der Begriff der Krankheit ist im Gesetz allerdings nicht definiert, da sein Inhalt ständigen Änderungen unterliegt und der Begriff im jeweiligen Rechtszusammenhang und individuellem Fall gebraucht wird. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass Krankheit ein "anomaler körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand ist, der nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf". Dieser Krankheitsbegriff gilt auch für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer. Der Begriff der Behinderung (vgl. § 2 Abs. 1 SGB IX) ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Krankheit.
Infolgedessen liegen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 Satz 1, 6. Fall KraftStG hier nicht vor. Das streitrelevante Fahrzeug der Klägerin wird nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht ausschließlich zur Krankenbeförderung verwendet. Zwar werden ganz überwiegend kranke Personen jeweils zum Zweck einer bestimmten medizinischen Behandlung befördert. Diese Fahrten stehen auch mit der Krankheit der Personen im Zusammenhang. Jedoch hat die Klägerin im Streitzeitraum darüber hinaus auch einen Mitarbeiter des Hauptzollamtes regelmäßig befördert, ohne dass diese Beförderungen mit einer ärztlichen Behandlung im Zusammenhang standen.
Soweit die Klägerin den Herrn als Rollstuhlfahrer von seiner Wohnung zu seiner Tätigkeitsstätte beim Hauptzollamt oder zurück befördert hat, liegt jeweils eine schädliche Verwendung des streitrelevanten Fahrzeugs vor, welche die begehrte Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG ausschließt. Denn eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG für Fahrzeuge, die "zur Krankenbeförderung" verwendet werden, setzt weiter voraus, dass die Fahrzeuge "ausschließlich" für den im Gesetz genannten Zweck verwendet werden. Insofern liegt hier eine sog. steuerschädliche "Mischverwendung" vor. Diese war im Streitfall zudem auf Dauer angelegt.