26.02.2014

Kursverluste bei Hybridanleihen mit gestuften Zinsversprechen ohne Laufzeitbegrenzung und ohne Emissionsrendite

Kursverluste aus der Veräußerung von Hybridanleihen mit gestuften Zinsversprechen ohne Laufzeitbegrenzung, die keine Emissionsrendite aufweisen, sind nicht gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 2 EStG steuerwirksam. Die Vorschrift findet auf Wertpapiere, bei denen keine Vermengung zwischen Ertrags- und Vermögensebene besteht und bei denen eine Unterscheidung zwischen Nutzungsentgelt und Kursgewinn ohne größeren Aufwand möglich ist, keine Anwendung.

BFH 17.12.2013, VIII R 42/12
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die steuerliche Behandlung einer sog. Hybridanleihe. Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute und erklärten in der Anlage KAP zu ihrer Einkommensteuererklärung 2008 u.a. Einnahmen aus festverzinslichen Wertpapieren i.H.v. rd. ./. 33.000 € (X-Bank) sowie rd. ./. 4.500 €.

Die von den Klägern deklarierten negativen Einnahmen stammen aus dem Ansatz einer Marktrendite nach der Veräußerung einer "8,62500 Prozent Z-AG-Anleihe". Hierbei handelte es sich um im Jahr 2005 ausgegebene sog. Hybridanleihen ohne feste Laufzeit. Der Zinssatz betrug bis 29.1.2013 jährlich 8,625 Prozent. Die Anlage konnte der Emittent zum 30.1.2013 kündigen. Wenn er nicht kündigte, sollte eine variable Verzinsung nach dem 3-Monats-EURIBOR nebst einem Risikoaufschlag von 7,3 Prozent gewährt werden, was im Zeitpunkt der Wertpapierausgabe einen ab Februar 2013 zu erwartenden Zins von etwa 9,8 Prozent bedeutete.

Beim Kauf bzw. Verkauf der Anleihe fielen Stückzinsen an. Der Anleger konnte die Anleihe jederzeit an der Börse verkaufen und dabei Kursgewinne oder Kursverluste erzielen. Bei der Veranlagung berücksichtigte das Finanzamt zwar Spekulationsverluste gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, aber keine negative Marktrendite.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die negativen Einnahmen des Klägers aus der Veräußerung der Z AG Anleihen sind keine negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 1 Buchst. c und d EStG.

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch die Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von sonstigen Kapitalforderungen, bei denen die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhängt oder bei denen die Kapitalerträge in unterschiedlicher Höhe gezahlt werden, soweit sie der rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenden Emissionsrendite entsprechen. Haben die Kapitalforderungen keine Emissionsrendite oder weist der Steuerpflichtige sie nicht nach, gilt gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 2 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung als Kapitalertrag. Dies gilt gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 4 EStG entsprechend bei Endfälligkeit von Kapitalforderungen.

Ob Wertpapiere und Kapitalforderungen dem in § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 1 Buchst. c und d EStG beschriebenen Typus von Finanzinnovationen zuzuordnen sind, ist anhand der Verhältnisse im Zeitpunkt der Emission der Anlage zu prüfen. Als Emissionsrendite ist die vom Emittenten bei der Begebung einer Anlage, d.h. von vornherein zugesagte Rendite zu verstehen, die bis zur Einlösung des Papiers oder bis zur Endfälligkeit einer Kapitalforderung erzielt werden kann. Maßgeblich ist dabei, dass von vornherein eine bezifferbare Rendite versprochen wird, die mit Sicherheit erzielt werden kann. Die hier zu beurteilenden Anleihen haben demnach keine Emissionsrendite.

Sie weisen im Zeitpunkt der Emission bis zum 29.1.2013 zwar eine feste Verzinsung von 8,625 Prozent jährlich auf. Indes war die Anleihe zum 30.1.2013 kündbar und im Falle der unterbliebenen Kündigung eine variable Verzinsung vorgesehen, die nach dem - jederzeit nach den Verhältnissen des Kapitalmarkts änderbaren - 3-Monats-EURIBOR zzgl. eines Risikoaufschlags von 7,3 Prozent bemessen war. Grundsätzlich wäre nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG daher eine Besteuerung nach der Marktrendite geboten. Jedoch steht der Gesetzeszweck dem Ansatz der Marktrendite entgegen. Demgemäß sind die Verluste des Klägers aus der Veräußerung der hier zu beurteilenden Z-AG Anleihen nicht gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 2 EStG einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Vorliegend gibt es ähnlich wie bei "einfachen Floatern" weder verdeckte Zinserträge noch eine Vermengung von Ertrags- und Vermögensebene. Der Zinsertrag liegt vielmehr offen und ist ohne jede Schwierigkeit zu ermitteln. Der Unterschied zu "einfachen Floatern" besteht lediglich darin, dass bei der Z-AG Anleihe zunächst ein Zeitraum mit einer festen Verzinsung vorgesehen ist, an den sich dann eine variable Verzinsung anschließt, die sich aus dem - jederzeit veränderbaren - 3-Monats-EURIBOR zzgl. eines festen Risikoaufschlags von 7,3 Prozent zusammensetzt. Kursveränderungen werden bei einer Zwischenveräußerung nicht nach § 20 EStG erfasst, sondern finden allenfalls im Rahmen des § 23 EStG Berücksichtigung. Wenn in derartigen Fällen die laufenden Zinsen stets nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig sind, erschließt sich nicht, weshalb bei Zwischenveräußerungen Kursgewinne/-verluste nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG - anders als bei festverzinslichen Papieren - Berücksichtigung finden sollten.

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