15.06.2018

Nachreichung einer Denkmalbescheinigung ermöglicht Änderung alter Einkommensteuerbescheide

Über die Frage der Eigenschaft des Objekts als Baudenkmal, die Erforderlichkeit der Aufwendungen und die vorherige Abstimmung mit der Denkmalbehörde entscheidet nicht die Finanzbehörde, sondern die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren. Die Bescheinigung der Landesbehörde ist dabei für die Finanzbehörde bindend und der Nachprüfung durch das Finanzgericht entzogen.

FG Köln 26.4.2018, 6 K 726/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Eigentümerin eines denkmalgeschützten, eigengenutzten Mehrfamilienhauses. Im Jahr 2008 waren der Klägerin Aufwendungen für Arbeiten an Fenstern und Türen des Objektes i.H.v. 23.004 €, 2009 Aufwendungen für Arbeiten eines Zimmerers i.H.v. 1.547 € und 2010 Aufwendungen für Schreiner- und Bedachungsarbeiten i.H.v. 3.868 €,- an dem Objekt. In ihren Einkommensteuererklärungen machte die Klägerin keine Angaben zu Abzugsbeträgen nach § 10f EStG. Lediglich im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2008 hatte sie zunächst schriftlich angekündigt, einen Antrag auf Denkmalabschreibung stellen zu wollen. Später teilte sie mit, der Antrag werde zu einem späteren Zeitpunkt gestellt.

Für die Jahre 2008 bis 2012 wurden die Kläger dementsprechend ohne Berücksichtigung von Abzugsbeträgen nach § 10f EStG bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt. Im Januar 2014 erging ein Bescheid des Amts für Denkmalschutz. Darin wurde der Klägerin bestätigt, dass das Gebäude in die Denkmalliste eingetragen ist, dass ihr Aufwendungen zur Erhaltung oder sinnvollen Nutzung ihres Baudenkmals i.H.v. 28.420,35 € entstanden sind und dass die Baumaßnahmen nach Abstimmung mit der Denkmalbehörde durchgeführt wurden. Weiterhin enthielt der Bescheid den Zusatz:

"Die Bescheinigung ist nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung. Die Finanzbehörde prüft weitere, steuerrechtliche Voraussetzungen, insbesondere die Abziehbarkeit der Aufwendungen als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben und die Zugehörigkeit der Aufwendungen zu Anschaffungskosten, Herstellungskosten Erhaltungsaufwand oder zu nicht abziehbaren Kosten."

Im November 2014 beantragte die Kläger unter Vorlage des Bescheids der Denkmalbehörde die Änderung ihrer Einkommensteuerveranlagungen ab 2008 gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO und den Ansatz von Abzugsbeträgen nach § 10f EStG. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt allerdings unter Hinweis auf das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 25.8.2010 (Az.: 12 K 12222/09) ab. Die Bescheinigung der Denkmalbehörde erweise sich zwar als Grundlagenbescheid i.S. des § 175 AO, jedoch lediglich als ein unvollständiger. Die Änderung komme nunmehr nicht in Betracht, da wegen der Bestandskraft der Bescheide weitere Ermittlungen ausgeschlossen seien.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt wird verpflichtet, die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2012 der Klägerin nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern und die Abzugsbeträge gem. § 10f EStG antragsgemäß zu gewähren.

Gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Bei der Bescheinigung der Denkmalbehörde im  vorliegenden Fall handelte es sich um einen solchen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO, der Grundlage für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO ist. Der Bescheid ist ein anderer Verwaltungsakt, der aufgrund gesetzlicher Regelung für die Finanzbehörde bindend ist. Denn unabhängig davon, ob die streitigen Aufwendungen als Herstellungskosten an einem Baudenkmal i.S.d. § 10f Abs. 1 EStG oder als Erhaltungsaufwendungen i.S.d. § 10f Abs. 2 EStG zu werten sind, ergibt sich die gesetzliche Regelung aus § 7i Abs. 2 EStG, auf welche beide Normen verweisen.

Über die Frage der Eigenschaft des Objekts als Baudenkmal, die Erforderlichkeit der Aufwendungen und die vorherige Abstimmung mit der Denkmalbehörde entscheidet nicht die Finanzbehörde, sondern die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren. Die Bescheinigung der Landesbehörde ist dabei für die Finanzbehörde bindend und der Nachprüfung durch das Finanzgericht entzogen. Unerheblich ist entgegen der Auffassung des Finanzamtes, dass im Bescheinigungsverfahren der Denkmalbehörde nur über einige, nicht aber über alle Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nach § 10f EStG zu entscheiden ist und die Finanzbehörde eine eigene Prüfungskompetenz insbesondere bezüglich der Tatbestandsmerkmale des § 10f EStG hat.

Das anderslautende Urteil des FG Berlin-Brandenburg überzeugt nicht. Der dem dortigen Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt ist zwar mit dem vorliegenden Sachverhalt nahezu identisch. Das Urteil setzt sich aber weder mit der Rechtsprechung des BFH auseinander, noch liefert es eine Begründung für seine abweichende Meinung. Da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung allerdings eine Entscheidung des BFH erfordert, wurde die Revision zugelassen.

Linkhinweis:

FG Köln online
Zurück