Nachträgliche Verlustfeststellung nur bei Bedeutung für noch änderbare Steuerbescheide möglich
FG Berlin-Brandenburg 28.2.2011, 5 K 5210/08Der Kläger studierte vom Oktober 1991 bis Dezember 1996 an der Universität O. Den Weg dorthin legte er von seinem Wohnort M aus mit seinem Pkw zurück. Im Jahr 1994 absolvierte er ein Auslandssemester in den USA. Einkommensteuererklärungen gab er nach Aktenlage erstmals für den Veranlagungszeitraum 1999 ab. Diese ging im Mai 2000 beim Finanzamt ein. Dieses setzte die Einkommensteuer 1999 im Oktober 2001 fest. Die Einkommensteuererklärung 2000 ging im November 2001 beim Finanzamt ein, welches den Einkommensteuerbescheid 2000im Dezember 2001 erließ.
Mit einem im Dezember 2006 beim Finanzamt eingegangenen Schreiben beantragte der Kläger die Feststellung von Verlusten für die Jahre 1991 bis 1996. Er berief sich auf die Rechtsprechung des BFH, wonach Studienkosten nachträglich als Werbungskosten anerkannt werden könnten, falls keine Steuererklärungen für diese Jahre abgegeben worden seien. Die Verluste setzten sich aus Fahrtkosten zwischen M und O sowie Studienkosten für das Auslandssemester in den USA zusammen.
Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Eine Verlustfeststellung sei nicht durchzuführen, weil die Verluste durch eine Verrechnung mit dem der Einkommensteuer 1999 zu Grunde liegenden zu versteuernden Einkommen verbraucht würden. Da hinsichtlich der Einkommensteuer 1999 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei, könne der Bescheid nicht mehr geändert werden. Damit seien die Verlustfeststellungen für keinen anderen Steuerbescheid von Bedeutung.
Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die begehrte Verlustfeststellung zutreffend abgelehnt.
Gem. § 10d Abs. 3 S. 1 EStG ist am Schluss eines Veranlagungszeitraums der verbleibende Verlustabzug durch Bescheid gesondert festzustellen. Diese Verlustfeststellung ist auch dann möglich, wenn die Feststellungsfristen gem. § 181 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 169 ff. AO zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgelaufen sind. Denn nach § 181 Abs. 5 S. 1 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist.
Die Steuerbescheide für die Jahre, in denen der Kläger erstmals positive Einkünfte erzielt hatte und somit die Verluste hätte nutzen können, waren aus verfahrensrechtlichen Gründen, nämlich wegen Ablaufs der sogenannten Festsetzungsverjährung, nicht mehr änderbar. Ein Vortrag der Verluste auf spätere Jahre, für die die Steuerbescheide möglicherweise noch änderbar waren, kam nicht in Betracht. Die aufgelaufenen Verluste werden vielmehr zwingend in dem oder den ersten Jahren, in denen Gewinne anfallen, verbraucht. Wenn eine entsprechende Verrechnung an verfahrensrechtlichen Regelungen scheitert, muss der Steuerpflichtige sich so behandeln lassen, als sei der Verlustvortrag vorgenommen worden; die Verluste werden also fiktiv verbraucht.
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