Organschaft bei GmbH & Co. KG
Kurzbesprechung
BFH v. 1. 2. 2022 - V R 23/21
UStG § 2 Abs 2 Nr. 2
EGRL 112/2006 Art 11
Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Steuerpflichtigen, einer GmbH, ist Z. Z schloss mit der Steuerpflichtigen einen Geschäftsführervertrag, nach dem er mit einem festen Monatsgehalt und unter Zusage eines Urlaubsanspruchs von 30 Tagen sowie mit Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall vergütet wurde.
Gegenstand des Unternehmens der Steuerpflichtigen war insbesondere die Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung der A-KG (KG), deren einzige Komplementärin die Steuerpflichtige war. Sie war am Gesellschaftsvermögen der KG nicht beteiligt und nahm auch nicht am Gewinn und Verlust der KG teil. Einziger Kommanditist der KG war Z. Unternehmensgegenstand der KG war die Finanz- und Versicherungsmaklertätigkeit.
Die Steuerpflichtige hatte gegenüber der KG Anspruch auf Ersatz aller ihr durch die Geschäftsführung erwachsenden Aufwendungen. Im Jahr Streitjahr 2013 zahlte die KG an die Steuerpflichtige hierfür 24.000 €.
Aufgrund eines mit Wirkung zum Jahresanfang 2014 abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages stand der Steuerpflichtigen gegenüber der KG für ihre Geschäftsführertätigkeit ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.000 € (ab 01.07.2015: 6.750 €) zu. Zahlungen erfolgten nur in einem geringeren Umfang.
Geschäftsanschrift der Steuerpflichtigen und der KG war seit Anfang 2013 A-Straße 1 in A-Stadt. Die Geschäftsräume mit einer Größe von 123 qm vermieteten Z und seine Ehefrau an die KG für eine Monatsmiete von 1.070 €. Der Mietgegenstand gehörte den Ehegatten je zur Hälfte.
Im Laufe des Jahres 2014 übernahm die Steuerpflichtige aus betrieblichen Organisationsgründen die zuvor von der KG erbrachten umsatzsteuerpflichtigen Beratungsleistungen an Dritte als eigenen Geschäftsbetrieb. Mehrere Fahrzeuge wurden nicht mehr von der KG, sondern von der Steuerpflichtigen geleast.
Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA davon aus, dass die Steuerpflichtige steuerpflichtige Geschäftsführungsleistungen an die KG erbracht habe und erließ für 2013 einen erstmaligen Umsatzsteuerjahresbescheid. Für 2014 und 2015 erließ das FA ebenfalls am 05.04.2018 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerfestsetzungen.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der BFH entschied, dass die Leistungen der Steuerpflichtigen an die KG mangels Organschaft steuerbar und steuerpflichtig sind. Denn es bestand keine Organschaft zwischen der Steuerpflichtigen und Z als Organträger. Ebenso lag keine Organschaft zwischen der Steuerpflichtigen und der KG als Schwestergesellschaften vor.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft).
Für die wirtschaftliche Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Für den Organträger beruht dies darauf, dass die Organschaft die Eingliederung in sein Unternehmen und damit seine Unternehmereigenschaft voraussetzt.
Im Streitfall bestand keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Steuerpflichtigen in Z als Organträger. Diese wird nicht durch die Geschäftsführertätigkeit des Z bei der Steuerpflichtigen begründet, da Z insoweit nichtselbständig und damit nicht als Unternehmer tätig war.
Auch die Vermietung der Büroräume begründete keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung, da Z an die KG, nicht aber an die Steuerpflichtige vermietet hatte.
Es lag auch keine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Steuerpflichtigen in das Unternehmen des Z aufgrund einer Verflechtung mit dem Unternehmensbereich der KG vor. Zwar muss die wirtschaftliche Eingliederung nicht aufgrund unmittelbarer Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern kann auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen, wie sie sich im Streitfall aus den entgeltlichen Geschäftsführungsleistungen der Steuerpflichtigen an die KG ergeben kann, zumal diese unter bestimmten Voraussetzungen als Organgesellschaft anzusehen sein könnte. Dies setzt aber voraus, dass die KG in das Unternehmen des Z eingegliedert ist, was im Streitfall im Hinblick auf das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung zu verneinen war.
Zwar ist es bei einer deutlichen Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung ‑‑wie im Streitfall‑‑ unschädlich, wenn die wirtschaftliche Eingliederung weniger deutlich zu Tage tritt. Gleichwohl muss auch für die wirtschaftliche Eingliederung ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen vorhanden sein. Die Tätigkeiten in diesen Bereichen müssen zumindest aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen. Dabei braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen.
Im Streitfall kam der Vermietung von nicht eigens für die Unternehmenstätigkeit in besonderer Weise ausgestatteten und daher ohne weiteres austauschbaren Büroräumen nur geringe Bedeutung zu. Dies genügt ebenso wie die bloße Übernahme von Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Buchführung und laufende Personalverwaltung nicht.
Die Steuerpflichtige war auch nicht i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit der KG als Schwestergesellschaft organschaftlich verbunden. Denn es reicht für die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft nicht aus, dass letztere nicht selbst, sondern nur ihr Gesellschafter mit Stimmenmehrheit an der GmbH beteiligt ist. Eine organschaftliche Verbindung zwischen zwei Schwestergesellschaften, die zu einer Nichtsteuerbarkeit der zwischen ihnen erbrachten Leistungen führt, ist auch nicht aus Art. 11 MwStSystRL ableitbar. Hiergegen spricht bereits, dass dieser Bestimmung keine unmittelbare Wirkung im Sinne eines Berufungsrechts zukommt.
Verlag Dr. Otto Schmidt
UStG § 2 Abs 2 Nr. 2
EGRL 112/2006 Art 11
Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Steuerpflichtigen, einer GmbH, ist Z. Z schloss mit der Steuerpflichtigen einen Geschäftsführervertrag, nach dem er mit einem festen Monatsgehalt und unter Zusage eines Urlaubsanspruchs von 30 Tagen sowie mit Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall vergütet wurde.
Gegenstand des Unternehmens der Steuerpflichtigen war insbesondere die Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung der A-KG (KG), deren einzige Komplementärin die Steuerpflichtige war. Sie war am Gesellschaftsvermögen der KG nicht beteiligt und nahm auch nicht am Gewinn und Verlust der KG teil. Einziger Kommanditist der KG war Z. Unternehmensgegenstand der KG war die Finanz- und Versicherungsmaklertätigkeit.
Die Steuerpflichtige hatte gegenüber der KG Anspruch auf Ersatz aller ihr durch die Geschäftsführung erwachsenden Aufwendungen. Im Jahr Streitjahr 2013 zahlte die KG an die Steuerpflichtige hierfür 24.000 €.
Aufgrund eines mit Wirkung zum Jahresanfang 2014 abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages stand der Steuerpflichtigen gegenüber der KG für ihre Geschäftsführertätigkeit ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.000 € (ab 01.07.2015: 6.750 €) zu. Zahlungen erfolgten nur in einem geringeren Umfang.
Geschäftsanschrift der Steuerpflichtigen und der KG war seit Anfang 2013 A-Straße 1 in A-Stadt. Die Geschäftsräume mit einer Größe von 123 qm vermieteten Z und seine Ehefrau an die KG für eine Monatsmiete von 1.070 €. Der Mietgegenstand gehörte den Ehegatten je zur Hälfte.
Im Laufe des Jahres 2014 übernahm die Steuerpflichtige aus betrieblichen Organisationsgründen die zuvor von der KG erbrachten umsatzsteuerpflichtigen Beratungsleistungen an Dritte als eigenen Geschäftsbetrieb. Mehrere Fahrzeuge wurden nicht mehr von der KG, sondern von der Steuerpflichtigen geleast.
Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA davon aus, dass die Steuerpflichtige steuerpflichtige Geschäftsführungsleistungen an die KG erbracht habe und erließ für 2013 einen erstmaligen Umsatzsteuerjahresbescheid. Für 2014 und 2015 erließ das FA ebenfalls am 05.04.2018 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerfestsetzungen.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der BFH entschied, dass die Leistungen der Steuerpflichtigen an die KG mangels Organschaft steuerbar und steuerpflichtig sind. Denn es bestand keine Organschaft zwischen der Steuerpflichtigen und Z als Organträger. Ebenso lag keine Organschaft zwischen der Steuerpflichtigen und der KG als Schwestergesellschaften vor.
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft).
Für die wirtschaftliche Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Für den Organträger beruht dies darauf, dass die Organschaft die Eingliederung in sein Unternehmen und damit seine Unternehmereigenschaft voraussetzt.
Im Streitfall bestand keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Steuerpflichtigen in Z als Organträger. Diese wird nicht durch die Geschäftsführertätigkeit des Z bei der Steuerpflichtigen begründet, da Z insoweit nichtselbständig und damit nicht als Unternehmer tätig war.
Auch die Vermietung der Büroräume begründete keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung, da Z an die KG, nicht aber an die Steuerpflichtige vermietet hatte.
Es lag auch keine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Steuerpflichtigen in das Unternehmen des Z aufgrund einer Verflechtung mit dem Unternehmensbereich der KG vor. Zwar muss die wirtschaftliche Eingliederung nicht aufgrund unmittelbarer Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern kann auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen, wie sie sich im Streitfall aus den entgeltlichen Geschäftsführungsleistungen der Steuerpflichtigen an die KG ergeben kann, zumal diese unter bestimmten Voraussetzungen als Organgesellschaft anzusehen sein könnte. Dies setzt aber voraus, dass die KG in das Unternehmen des Z eingegliedert ist, was im Streitfall im Hinblick auf das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung zu verneinen war.
Zwar ist es bei einer deutlichen Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung ‑‑wie im Streitfall‑‑ unschädlich, wenn die wirtschaftliche Eingliederung weniger deutlich zu Tage tritt. Gleichwohl muss auch für die wirtschaftliche Eingliederung ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen vorhanden sein. Die Tätigkeiten in diesen Bereichen müssen zumindest aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen. Dabei braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen.
Im Streitfall kam der Vermietung von nicht eigens für die Unternehmenstätigkeit in besonderer Weise ausgestatteten und daher ohne weiteres austauschbaren Büroräumen nur geringe Bedeutung zu. Dies genügt ebenso wie die bloße Übernahme von Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Buchführung und laufende Personalverwaltung nicht.
Die Steuerpflichtige war auch nicht i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit der KG als Schwestergesellschaft organschaftlich verbunden. Denn es reicht für die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft nicht aus, dass letztere nicht selbst, sondern nur ihr Gesellschafter mit Stimmenmehrheit an der GmbH beteiligt ist. Eine organschaftliche Verbindung zwischen zwei Schwestergesellschaften, die zu einer Nichtsteuerbarkeit der zwischen ihnen erbrachten Leistungen führt, ist auch nicht aus Art. 11 MwStSystRL ableitbar. Hiergegen spricht bereits, dass dieser Bestimmung keine unmittelbare Wirkung im Sinne eines Berufungsrechts zukommt.