22.02.2024

Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG bei VIP-Logen

1. Die unentgeltliche Zurverfügungstellung von Plätzen in einer VIP-Loge an Geschäftspartner und Arbeitnehmer ist eine Sachzuwendung, die nach § 37b des Einkommensteuergesetzes pauschal besteuert werden kann.
2. Gegenstand der Sachzuwendung ist die Überlassung des einzelnen Logenplatzes. Auf Leerplätze entfallende Aufwendungen sind deshalb nicht zu berücksichtigen.
3. Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die überlassenen Plätze können im Wege sachgerechter Schätzung ermittelt werden. Entsprechendes gilt für den auf die Zuwendung entfallenden Werbeanteil.

Kurzbesprechung
BFH v. 23.11.2023 - VI R 15/21

AO § 5, § 162 Abs 1 S 1, § 162 Abs 1 S 2
EStG § 37b Abs 1 S 1 Nr. 1, § 37b Abs 1 S 2, § 37b Abs 2 S 1
FGO § 96 Abs 1 S 1 Halbs 2


Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer (für Nicht-Arbeitnehmer) einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten, nicht in Geld bestehenden Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. § 37b Abs. 1 EStG gilt gemäß § 37b Abs. 2 Satz 1 EStG auch für betrieblich veranlasste Zuwendungen an Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, soweit die Zuwendungen nicht in Geld bestehen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.

Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG erfasst nicht alle Zuwendungen schlechthin. § 37b EStG beschränkt sich vielmehr auf Zuwendungen, die bei den Zuwendungsempfängern zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Denn § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart und keinen sonstigen originären (Einkommen-)Steuertatbestand, sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl.

Im Streitfall hatte das FG zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Bezug auf die (Sach-)Zuwendungen der Steuerpflichtigen an ihre Geschäftspartner bei der unentgeltlichen Zurverfügungstellung der Plätze in einer VIP-Loge zum Besuch der jeweiligen Veranstaltung in einer Veranstaltungsstätte dem Grunde nach vorliegen. Dies gilt auch für die entsprechenden (Sach-)Zuwendungen der Steuerpflichtigen an ihre Arbeitnehmer (§ 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG), soweit diese die Veranstaltungen nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Steuerpflichtigen besuchten.

Bemessungsgrundlage der pauschalen Einkommensteuer sind gemäß § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG die Aufwendungen des Steuerpflichtigen einschließlich Umsatzsteuer. § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG enthält für die Bewertung der Zuwendungen nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG eine eigenständige Bemessungsgrundlage. Diese verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Sich hierdurch ergebende unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe und daraus folgende unterschiedliche Ergebnisse bei der Bewertung einer Sachzuwendung sind im Gesetz angelegt und vom Rechtsanwender daher hinzunehmen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ist insoweit nicht zu besorgen. Denn die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG und die damit einhergehende, von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG abweichende Bewertung der Zuwendungen steht zur Wahl des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige hat es selbst in der Hand zu bestimmen, auf welcher Grundlage die Bewertung vorzunehmen ist.

In die Bemessungsgrundlage nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG sind alle der Zuwendung direkt zuzuordnenden Aufwendungen (Einzelkosten) einzubeziehen. Soweit die Aufwendungen Teil einer Gesamtleistung sind, ist der auf die jeweilige Zuwendung entfallende Anteil an diesen Aufwendungen anzusetzen, der gegebenenfalls im Wege der Schätzung zu ermitteln ist. Darüber hinaus besteht gemäß § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG keine Rechtsgrundlage dafür, bestimmte einzelne Aufwendungen des Steuerpflichtigen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden.

Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes bemisst sich die pauschale Einkommensteuer nach den "Aufwendungen des Steuerpflichtigen einschließlich Umsatzsteuer". Einschränkungen oder Ausnahmen hiervon sieht das Gesetz nicht vor.

Im Streitfall hat der BFH die vom FG vorgenommene Bewertung der Sachzuwendungen, die die Steuerpflichtige gegenüber ihren Geschäftspartnern und den nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse teilnehmenden Arbeitnehmern im Streitzeitraum erbracht hatte, nicht zu beanstanden. Das FG hatte die Aufwendungen der Steuerpflichtigen, die auf die Plätze der Geschäftspartner und der Arbeitnehmer entfielen, dem Grunde nach zu Recht im Wege der Schätzung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 162 AO) angesetzt.

Die Schätzung des FG war auch der Höhe nach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, da das FG bei seiner Entscheidung alle rechtlichen Anforderungen, die an die Durchführung einer Schätzung zu stellen sind, erfüllt hatte.
  • Das FG hatte zunächst ‑ getrennt nach Jahren ‑ anhand der für die jeweiligen Veranstaltungen zu zahlenden Ticketpreise die Summe der von ihm so bezeichneten Platzwerte für die in der VIP-Loge der Steuerpflichtigen vorhandenen Plätze ermittelt. Dabei hatte es den zu zahlenden Preis im Hinblick auf die mit der Nutzung der VIP-Loge verbundenen individuellen Betreuung (Einlass, Garderobe) und der Möglichkeit der Bewirtung am Platz um jeweils 5 € erhöht.
     
  • Die von der Steuerpflichtigen getragenen Aufwendungen für die den Geschäftspartnern und den Arbeitnehmern unentgeltlich zugewandten Plätze hatte das FG ausgehend hiervon in der Weise ermittelt, dass sie die Aufwendungen prozentual nach den auf die teilnehmenden Geschäftspartner und Arbeitnehmer entfallenden Platzwerte aufgeteilt hatte. Das FG hatte seine Schätzung auf die betriebsinternen Daten der Steuerpflichtigen hinsichtlich der von ihr getragenen Aufwendungen gestützt und die individuellen Verhältnisse in Bezug auf die Veranstaltungen, die jeweiligen Ticketpreise sowie die Zahl der teilnehmenden Geschäftspartner und Arbeitnehmer zugrunde gelegt.
     
  • Das FG hatte weiterhin zutreffend angenommen, dass die Aufwendungen der Steuerpflichtigen für die VIP-Loge auch einen auf die Werbung entfallenden Anteil enthielten. Bei diesen Werbeleistungen, die die Steuerpflichtige mit ihren Zahlungen für die VIP-Loge ebenfalls vergütet hatte, handelte es sich jedoch nicht um (Sach-)Zuwendungen der Steuerpflichtigen an ihre Geschäftspartner. Es war daher geboten, die Aufwendungen der Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme der Werbeleistungen aus der Bemessungsgrundlage des § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG auszuscheiden.
     
  • Die Aufwendungen der Steuerpflichtigen für die ihren Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Plätze hatte die Vorinstanz zu Recht nicht um Werbeaufwand gekürzt. Denn gegenüber den Arbeitnehmern kamen Werbemaßnahmen der Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Überlassung der Plätze von vornherein nicht in Betracht.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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