Privat veranlasste Kosten für umgekehrte Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung nicht abziehbar
BFH 2.2.2011, VI R 15/10Streitig ist, ob Werbungskosten auch dann vorliegen, wenn der am Familienwohnsitz lebende Ehegatte zu der im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung unterhaltenen Wohnung des anderen Ehegatten reist.
Die klagenden Eheleute leben in A und wurden in den Streitjahren (2003 und 2004) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist in A selbständig tätig. Die Klägerin, für die vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt ist, war als leitende Angestellte bei einer Versicherung in B nichtselbständig beschäftigt. Sie bewohnte in B eine Eigentumswohnung. An den Wochenenden reiste die Klägerin entweder mit dem Kfz oder dem Flugzeug nach A. Der Kläger besuchte die Klägerin ebenfalls mehrfach in B.
In den Streitjahren machte die Klägerin Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in B geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen für Unterkunfts-, Fahrt- und Flugkosten der Klägerin. Es erkannte allerdings die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen des Klägers für dessen Reisen nach B nicht an.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat die Besuchsfahrten des Klägers zum Beschäftigungsort der Klägerin zutreffend nicht als Werbungskosten zum Abzug zugelassen.
Die Reisen des Klägers sind keine Familienheimfahrten i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG. Der Wortlaut der Norm erfasst nicht den Fall der Besuchsreise des Klägers vom Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort der Klägerin. Die Aufwendungen des Klägers für Reisen nach B sind auch keine Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG. Denn sie sind nicht beruflich veranlasst. Das FG hat insoweit bindend festgestellt, dass die Klägerin die Familienheimfahrten aus privaten Gründen nicht angetreten hat. Aufgrund dessen konnte es dahinstehen, ob dann, wenn der den zweiten Haushalt führende Ehegatte aus beruflichen Gründen die wöchentliche Familienheimfahrt nicht antreten kann, die Fahrtkosten des Besuchenden beruflich veranlasste Aufwendungen des Besuchten sind.
Auch Art. 6 GG erfordert kein anderes Ergebnis. Die Regelungen des EStG zu Familienheimfahrten sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat dem Schutz der Ehe mit der bestehenden Regelung ausreichend Rechnung getragen. Seine Entscheidung, dass nur die Fahrten vom Beschäftigungsort zum Lebensmittelpunkt (Familienheimfahrten) Werbungskosten sind, verletzt nicht Art. 6 GG. Denn es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 3 EStG nur die Fahrten zu diesem Lebensmittelpunkt, dem gemeinsamen Familienwohnsitz, als den beiderseits berufstätigen Ehegatten notwendig entstanden beurteilt. Eine Reise an den Beschäftigungsort des Ehegatten ist ungeachtet der doppelten Haushaltsführung eine private Wochenendreise.
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