Privates Veräußerungsgeschäft bei lastenfreier Veräußerung eines bei Anschaffung mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks
BFH 12.6.2013, IX R 31/12Die Beteiligten streiten darüber, ob und ggf. inwieweit die Veräußerung eines Grundstücks, das - mit einem Erbbaurecht belastet - von den bisherigen Erbbauberechtigten angeschafft und von ihnen nach Löschung des Erbbaurechts im selben Jahr veräußert wurde, der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG unterfällt.
Die Kläger bildeten eine Erbengemeinschaft, auf die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein Erbbaurecht übergegangen war. Im Streitjahr 2005 erwarben sie dazu das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück. Das Erbbaurecht brachten sie zur Löschung. Danach veräußerten die Kläger das nunmehr lastenfreie Grundstück im selben Jahr an Dritte.
In ihrer Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr machten die Kläger im Rahmen der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2, § 23 EStG einen Verlust aus der Veräußerung des vormals erbbaubelasteten Grundstücks geltend. Demgegenüber errechnete das Finanzamt ausgehend von einem Verkehrswertgutachten des Amtlichen Bausachverständigen einen Veräußerungsgewinn.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es sah in der Veräußerung des Grundstücks kein privates Veräußerungsgeschäft, da es an der wirtschaftlichen Identität zwischen dem von den Klägern angeschafften (erbbaurechtsbelasteten) Grundstück und dem ohne diese Belastung veräußerten (lastenfreien) Grundstück fehle. Letztlich habe sich in dem Veräußerungsergebnis lediglich der Wert des Erbbaurechts realisiert. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht die wirtschaftliche (Teil-)Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Grundstück und damit ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2, § 23 EStG verneint.
Private Veräußerungsgeschäfte nach §§ 22 Nr. 2, 23 EStG liegen nur vor, wenn angeschafftes und veräußertes Wirtschaftsgut wirtschaftlich identisch sind (sog. Nämlichkeit). Maßgebliche Kriterien sind die Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut. Eine wirtschaftliche Teilidentität ist grundsätzlich ausreichend. Ein privates Veräußerungsgeschäft begründet diese aber nur für diesen Teil des betreffenden Wirtschaftsguts.
Für die Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts ist dem Erfordernis der wirtschaftlichen Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut (nur) teilweise genügt, wenn ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück angeschafft und - nach Löschung des Erbbaurechts - kurzfristig lastenfrei weiterveräußert wird. Der Ermittlung des Gewinns aus einem solchen privaten Veräußerungsgeschäft ist nur der anteilige Veräußerungspreis zugrunde zu legen, der - wirtschaftlich gesehen - auf das Grundstück im belasteten Zustand entfällt; er ist ggf. im Schätzungswege zu ermitteln.
Im Streitfall ist das belastete Eigentum sowohl zivilrechtlich als auch wirtschaftlich etwas anderes als das unbelastete Eigentum; das bei Anschaffung bestehende und später gelöschte Erbbaurecht steht einer vollumfänglichen wirtschaftlichen Identität - im Sinne einer Gleichwertigkeit - von angeschafftem und veräußertem Grundstück entgegen. Von einer wirtschaftlichen Identität kann allerdings insoweit ausgegangen werden, als das angeschaffte (belastete) Wirtschaftsgut in dem veräußerten (unbelasteten) aufgegangen ist.
Da das FG keine Feststellungen zur Ermittlung und Höhe des auf das Grundstück im belasteten Zustand entfallenden Veräußerungspreises getroffen hat, war das Verfahren zur weiteren Aufklärung an das FG zurückzuverweisen.
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