Prozesszinsen
Kurzbesprechung
BFH v. 17. 5. 2022 - VII R 34/19
FGO § 69
AO § 236, § 238, § 233a
Wird durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder aufgrund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt, so ist gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO der zu erstattende oder zu vergütende Betrag vorbehaltlich § 236 Abs. 3 AO vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Ist der zu erstattende Betrag erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit entrichtet worden, so beginnt die Verzinsung gemäß § 236 Abs. 1 Satz 2 AO mit dem Tag der Zahlung.
Aus den Materialien zur Entstehungsgeschichte und Entwicklung des § 236 AO ergibt sich, dass der Gesetzgeber von Anfang an die Verzinsung auf gezahlte Beträge beschränken und die Gewährung von Prozesszinsen als eine Billigkeitsregelung für die Fälle vorsehen wollte, in denen dem Steuerpflichtigen während eines gerichtlichen Verfahrens ein entrichteter Betrag ‑‑möglicherweise für einen längeren Zeitraum‑‑ vorenthalten bleibt, weil die Erhebung der Klage gemäß § 69 Abs. 1 FGO keinen Suspensiveffekt hat. Demzufolge besteht die Pflicht zur Verzinsung gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO bis zum Auszahlungstag.
Auch in der Literatur ist § 236 AO von Anfang an als eine Regelung verstanden worden, die einen geldwerten Ausgleich für den Vermögensschaden gewährt, der dem obsiegenden Kläger dadurch erwachsen ist, dass er den Anspruch des Steuergläubigers ohne Rücksicht auf die von ihm im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Rechtmäßigkeit seiner Festsetzung erhobenen Einwendungen erfüllen muss.
Die Verzinsung läuft bis zum Auszahlungstag, d.h. bis zu dem Tag, an dem die Zahlungsmittel beim Steuerpflichtigen eingehen. Ein Anspruch nach § 236 AO entsteht nur dann, wenn der Steuerpflichtige Leistungen erbracht hat, die die Erfüllung der Steuer bewirken sollten.
Da nach dem Wortlaut des § 236 Abs. 1 Satz 1 AO nur der zu erstattende Betrag zu verzinsen ist, kommt die Anwendung der Vorschrift in den Fällen nicht in Betracht, in denen die festgesetzte Steuer vor ihrer Herabsetzung aufgrund einer AdV (§ 69 Abs. 3 Satz 4 FGO, § 361 Abs. 2 Satz 4 AO) zurückgezahlt worden ist und aus diesem Grund nicht mehr erstattet werden kann.
Schließlich spricht auch die bisher zu § 236 AO ergangene Rechtsprechung dafür, die Vorschrift dahingehend einschränkend auszulegen, dass Prozesszinsen nicht für einen Zeitraum zu gewähren sind, in dem der gezahlte Steuerbetrag vorübergehend erstattet worden ist.
Verlag Dr. Otto Schmidt
FGO § 69
AO § 236, § 238, § 233a
Wird durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder aufgrund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt, so ist gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO der zu erstattende oder zu vergütende Betrag vorbehaltlich § 236 Abs. 3 AO vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Ist der zu erstattende Betrag erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit entrichtet worden, so beginnt die Verzinsung gemäß § 236 Abs. 1 Satz 2 AO mit dem Tag der Zahlung.
Aus den Materialien zur Entstehungsgeschichte und Entwicklung des § 236 AO ergibt sich, dass der Gesetzgeber von Anfang an die Verzinsung auf gezahlte Beträge beschränken und die Gewährung von Prozesszinsen als eine Billigkeitsregelung für die Fälle vorsehen wollte, in denen dem Steuerpflichtigen während eines gerichtlichen Verfahrens ein entrichteter Betrag ‑‑möglicherweise für einen längeren Zeitraum‑‑ vorenthalten bleibt, weil die Erhebung der Klage gemäß § 69 Abs. 1 FGO keinen Suspensiveffekt hat. Demzufolge besteht die Pflicht zur Verzinsung gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO bis zum Auszahlungstag.
Auch in der Literatur ist § 236 AO von Anfang an als eine Regelung verstanden worden, die einen geldwerten Ausgleich für den Vermögensschaden gewährt, der dem obsiegenden Kläger dadurch erwachsen ist, dass er den Anspruch des Steuergläubigers ohne Rücksicht auf die von ihm im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Rechtmäßigkeit seiner Festsetzung erhobenen Einwendungen erfüllen muss.
Die Verzinsung läuft bis zum Auszahlungstag, d.h. bis zu dem Tag, an dem die Zahlungsmittel beim Steuerpflichtigen eingehen. Ein Anspruch nach § 236 AO entsteht nur dann, wenn der Steuerpflichtige Leistungen erbracht hat, die die Erfüllung der Steuer bewirken sollten.
Da nach dem Wortlaut des § 236 Abs. 1 Satz 1 AO nur der zu erstattende Betrag zu verzinsen ist, kommt die Anwendung der Vorschrift in den Fällen nicht in Betracht, in denen die festgesetzte Steuer vor ihrer Herabsetzung aufgrund einer AdV (§ 69 Abs. 3 Satz 4 FGO, § 361 Abs. 2 Satz 4 AO) zurückgezahlt worden ist und aus diesem Grund nicht mehr erstattet werden kann.
Schließlich spricht auch die bisher zu § 236 AO ergangene Rechtsprechung dafür, die Vorschrift dahingehend einschränkend auszulegen, dass Prozesszinsen nicht für einen Zeitraum zu gewähren sind, in dem der gezahlte Steuerbetrag vorübergehend erstattet worden ist.