16.08.2011

Rechtsreferendare dürfen keine Steuerberater sein

Die Tätigkeit als Rechtsreferendar ist gem. § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar, da ein jederzeitiges Tätigwerden für die Mandanten aufgrund der umfangreichen Pflichten eines Rechtsreferendars nicht gewährleistet ist. Die sog. Inkompatibilitätsregelung ist durch die besondere Bedeutung des Steuerberatungsrechts für das Interesse des Gemeinwohls gerechtfertigt.

FG Münster 20.7.2011, 7 K 77/11 StB
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit September 2009 Steuerberater und Partner einer Steuerberatersozietät. Ab Dezember 2009 trat er daneben den juristischen Vorbereitungsdienst an. Für die Steuerberatertätigkeit erteilte ihm der Dienstherr zwar eine Nebentätigkeitsgenehmigung von bis zu acht Wochenstunden. Allerdings widerrief die beklagte Steuerberaterkammer die Zulassung des Klägers als Steuerberater. Sie war der Ansicht, der juristische Vorbereitungsdienst stelle eine Tätigkeit als Arbeitnehmer dar, die gem. § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG nicht mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar sei. Die Beschäftigung unterfalle auch nicht den Ausnahmevorschriften des § 57 Nr. 3 oder 58 S. 2 Nr. 5a StBerG. Insbesondere liege keine Syndikustätigkeit.

Der Kläger war der Auffassung, es müsse eine teleologische Reduktion des Gesetzes vorgenommen werden, da der Gesetzestext planwidrig zu weit geraten sei. Insbesondere unterscheide sich die Weisungsgebundenheit des Rechtsreferendars maßgeblich von der eines "normalen" Arbeitnehmers, den der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG im Auge gehabt habe. In faktischer Hinsicht habe das Rechtsreferendariat heutzutage mehr Fortbildungscharakter als den Charakter einer beamtenähnlichen Festanstellung. Darüber hinaus bestünden auch verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich der Vorschrift des § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG. Sie stelle eine subjektive Zulassungsbeschränkung zum Beruf des Steuerberaters dar, die zum angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen dürfe.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Beklagte hatte zu Recht die Bestellung des Klägers als Steuerberater widerrufen, weil dieser eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare Arbeitnehmertätigkeit ausübte.

Die Referendartätigkeit des Klägers erfüllte die Anforderungen an eine Arbeitnehmertätigkeit. Der Vorbereitungsdienst ist durch das Juristenausbildungsgesetz als öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis ausgestaltet, in dem der Referendar Weisungen seines Dienstherrn unterliegt und umfangreiche Pflichten (Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften und an Klausurenkursen, Erledigung praktischer Aufgaben) erfüllen muss. Ein jederzeitiges Tätigwerden für die Mandanten ist aufgrund dieser Pflichten somit nicht gewährleistet.

Mit dieser Einschätzung korrespondiert auch, dass eine Nebentätigkeitsgenehmigung nur für einen sehr geringfügigen Zeitraum von maximal 10,25 Stunden erteilt werden kann, wobei der Referendar bestätigen muss, dass die Nebentätigkeiten nicht während der Arbeiten im Referendariat ausgeübt werden (sog. Vorrangigkeitsregelung). Im vorliegenden Fall war dem Kläger dementsprechend auch eine Nebentätigkeit nur für den Umfang von 8 Wochenstunden erteilt worden.

Auch hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG bestanden keine Bedenken. Soweit die Zulässigkeit des Berufs des Steuerberaters im Fall einer Tätigkeit als Arbeitnehmer ausgeschlossen wird, handelt es sich um eine sog. Inkompatibilitätsregelung, welche die Berufswahl einschränkt, weil dem Betroffenen die Möglichkeit, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben, genommen wird. Eine derartige Einschränkung der Berufswahl ist jedoch nach BVerfG-Rechtsprechung zulässig, wenn sie - wie hier - dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter dient.

Hintergrund:
Eine Wiederbestellung des Klägers als Steuerberater nach Absolvierung seines Rechtsreferendariats ist selbstverständlich möglich. Über etwaige berufsrechtliche oder steuerrechtliche Folgeprobleme für die Sozietät hatte der Senat hier nicht zu befinden.

Linkhinweis:

  • Der Volltext des Urteils ist erhältlich unter www.fg-muenster.nrw.de .
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FG Münster Newsletter v. 15.8.2011
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