05.04.2011

Reduzierung von Darlehenszinsen kann verdeckte Gewinnausschüttung an Gesellschafter-Geschäftsführer sein

Gewährt eine Gesellschaft ihren Gesellschafter-Geschäftsführern Darlehen zu einem festen Zinssatz und beschließt die Gesellschafterversammlung im Folgejahr, den Zinssatz wegen veränderter "wirtschaftlicher Gegebenheiten" zu reduzieren, ohne dass die Darlehensverträge eine Zinsanpassungsklausel enthalten oder sonstige Gründe genannt werden, die auch einem fremden Dritten gegenüber zu einer Reduzierung des Zinssatzes geführt hätten, so liegt im Zweifel eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.

FG Hamburg 22.3.2011, 6 V 169/10
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin war eine zwischenzeitlich aufgelöste GmbH, Gesellschafter waren B und C (beide jeweils zu 50 Prozent), die auch gleichzeitig als Geschäftsführer fungierten. Hierfür sollten sie zum Ende eines jeden Monats ein festes Monatsgehalt beziehen. Zudem gewährte die Antragstellerin ihren Gesellschaftern Darlehen, für die ein Zinssatz von 6 Prozent vereinbart wurde. Eine Zinsanpassungsklausel enthielten die Darlehensverträge nicht.

Für die Streitjahre 1998 bis 2000 führte das Finanzamt eine Betriebsprüfung durch. Im deren Verlauf beanstandete es (u.a.), dass die Gesellschafter die von ihnen geschuldeten Darlehenszinsen ab dem Jahr 1999 nicht mehr in voller Höhe gezahlt hätten und dass die Geschäftsführergehälter nicht monatlich, sondern äußerst unregelmäßig ausgezahlt worden seien. Die Antragstellerin legte daraufhin Protokolle über Gesellschafterversammlungen vor, demzufolge der Zinssatz für die den Gesellschafter-Geschäftsführern gewährten Darlehen zur "Angleichung an den marktüblichen Zinssatz" auf 2,75 Prozent herabgesetzt wurde.

Das Finanzamt hielt es hingegen für wahrscheinlich, dass die Protokolle nachträglich erstellt wurden, und war der Ansicht, gegenüber einem fremden Dritten hätte die Antragstellerin nicht auf die ihr vertraglich zustehenden Zinsen verzichtet. Der Zinsverzicht i.H.v. 3,25 Prozent sei daher gesellschaftsrechtlich veranlasst und stelle eine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Das Finanzamt erließ daraufhin geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer für die Jahre 1998, 1999 und 2000.

Das FG wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide zurück. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide.

Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass niemand ohne weiteres auf vertraglich vereinbarte und damit tatsächlich geschuldete Zinsen verzichtet, auch nicht teilweise. Aus diesem Grund liegt im Zweifel eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn eine Gesellschaft - wie im Streitfall - ihren Gesellschafter-Geschäftsführern Darlehen zu einem festen Zinssatz gewährt und die Gesellschafterversammlung im Folgejahr beschließt, den Zinssatz wegen veränderter "wirtschaftlicher Gegebenheiten" zu reduzieren, ohne dass die Darlehensverträge eine Zinsanpassungsklausel enthalten oder sonstige besondere Gründe genannt werden, die auch einem fremden Dritten gegenüber zu einer Reduzierung des Zinssatzes geführt hätten.

Wenn die nach den Anstellungsverträgen, die eine Gesellschaft mit ihren beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern abgeschlossen hat, vereinbarten monatlichen Gehaltszahlungen tatsächlich nur (sehr) unregelmäßig erfolgen, so dass insgesamt der Eindruck entsteht, die Gesellschafter-Geschäftsführer seien nicht wie ein "normaler" Geschäftsführer monatlich entlohnt worden, sondern hätten sich vielmehr nach Bedarf "bedient", dann kann auch dies die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung rechtfertigen. Von einer Beherrschung der Gesellschaft in diesem Sinne kann grundsätzlich auch dann gesprochen werden, wenn die betreffenden Gesellschafter zu gleichen Teilen an der Gesellschaft beteiligt sind und sich mit Anstellungsverträgen vom gleichen Tag und zu den gleichen Bedingungen ein monatliches Gehalt in jeweils gleicher Höhe zugesprochen haben (sog. Beherrschung "kraft gleichgelagerter Interessen").

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FG Hamburg Newsletter vom 31.3.2011
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