Rückwirkende Beschränkung der Verlustverrechnung bei Steuerstundungsmodellen verfassungsgemäß
FG Baden-Württemberg 7.7.2011, 3 K 4368/09Der Kläger erklärte am 11.11.2005 den Beitritt als Kommanditist zu einer Gesellschaft, die ihrerseits durch Beteiligung an mehreren sog. Windparks planmäßig Verluste erzielen sollte. In dem Prospekt über die Kommanditbeteiligung hatte die Gesellschaft angekündigt, den neu beitretenden Kommanditisten bereits für das Jahr 2005 einen Verlust von ca. 97 Prozent der angelegten Kommanditbeteiligung zuweisen zu können. Dieser Verlust könne mit positiven anderen Einkünften des Klägers verrechnet werden und auf diese Weise zu einer Steuererstattung von etwa 43.100 € je angelegter 100.000 € führen.
Parallel dazu führte der Gesetzgeber allerdings durch ein am 30.12.2005 verkündetes Gesetz den neuen § 15b EStG ein, der diese Verrechnung mit anderen Einkünften ausschließt und lediglich die Verrechnung des Verlustes mit zukünftigen Gewinnen aus der nämlichen Kommanditbeteiligung zulässt. § 15b EStG setzte der Gesetzgeber mit Wirkung zum Ablauf des 10.11.2005 (also des Vortags der Beitrittserklärung des Klägers) in Kraft (§ 52 Abs. 33a EStG). Als Folge dessen versagte das Finanzamt dem Kläger die erhoffte Steuererstattung im Jahre 2005.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die vom Kläger eingelegte Revision wird beim BFH unter dem Az. IV R 40/11 geführt.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat zu Recht auf den bestandskräftig festgestellten Verlust des Klägers abgestellt und die Vorschrift des § 15b EStG angewandt.
Derartige Einschränkungen des sofortigen Verlustausgleichs sind grundsätzlich nicht zu beanstanden, solange die Verluste überhaupt zumindest zu einem späteren Zeitpunkt steuerlich berücksichtigt werden. Auch die rückwirkende Anwendung des § 15b EStG auf die Beteiligung des Klägers ist zulässig, weil das Vertrauen des Klägers in die frühere Rechtslage nicht mehr schutzwürdig war. Denn der Kläger war bereits im Beteiligungsprospekt auf die Möglichkeit einer Gesetzesverschärfung hingewiesen worden.
Im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Regierungswechsel zur Großen Koalition wurde die geplante Einführung des § 15b EStG Anfang November 2005 zudem in mehreren Presseberichten diskutiert. Die konkreten Umstände des Beitritts legen es nahe, dass der Kläger versucht hat, diesen Änderungsplänen gerade noch zuvorzukommen. Durch den vorgezogenen Anwendungsstichtag wollte der Gesetzgeber einen solchen negativen Ankündigungseffekt vermeiden. Dies ist bei Steuerstundungsmodellen, die betriebswirtschaftlich nicht sinnvolle Investitionen zum Gegenstand haben, verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden.
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