Sachverständigenkosten zur Ermittlung des Grundstückswerts als Nachlassverbindlichkeit
BFH 19.6.2013, II R 20/12Der Kläger ist Alleinerbe seines im August 2009 verstorbenen Onkels. Zum Nachlass gehört u.a. ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Im Zusammenhang mit der vom Finanzamt angeforderten Erbschaftsteuererklärung ließ der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Nachweis des gemeinen Werts des Grundstücks erstellen. Die Kosten hierfür beliefen sich auf rund 2.593 €. Das für die Bedarfswertfeststellung zuständige Lagefinanzamt stellte den Grundbesitzwert entsprechend dem im Gutachten ermittelten Verkehrswert auf 270.000 € fest.
Das Finanzamt setzte daraufhin unter Zugrundelegung des festgestellten Grundbesitzwerts mit Bescheid aus Juli 2011 Erbschaftsteuer gegen den Kläger fest. Dabei zog es Erbfallkosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG in der für das Jahr 2009 geltenden Fassung ab, ohne jedoch die geltend gemachten Sachverständigenkosten für die Ermittlung des Grundstückswerts zu berücksichtigen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, die Kosten für ein Sachverständigengutachten zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes seien Kosten der Rechtsverfolgung zur Minderung der Erbschaftsteuer und damit nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abzugsfähig. Soweit das Verkehrswertgutachten auch der Bestimmung der Preisuntergrenze im Zusammenhang mit einem geplanten Verkauf des Anwesens gedient habe, lägen Kosten der Verwertung des Nachlasses vor, die ebenfalls nicht abzugsfähig seien. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuererklärung angefallenen Kosten für das Sachverständigengutachten zum Nachweis des gemeinen Werts des Nachlassgrundstücks sind entgegen der Auffassung des FG als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.
Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG sind, soweit sich nicht aus den Abs. 6 bis 9 etwas anderes ergibt, als Nachlassverbindlichkeit u.a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Der Begriff der Nachlassregelungskosten ist grundsätzlich weit auszulegen. Dazu gehören auch die Kosten für die Bewertung von Nachlassgegenständen, wenn sie in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen und nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses.
Nachlassregelungskosten sind insbesondere Aufwendungen für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens nach § 198 des Bewertungsgesetzes in der für 2009 geltenden Fassung zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks. Derartige Aufwendungen sind durch den Erbfall veranlasst und stehen unmittelbar mit der Regelung und Abwicklung des Nachlasses im Zusammenhang.
Auch § 10 Abs. 8 ErbStG stand einem Abzug der Kosten für ein Sachverständigengutachten zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Nachlassgrundstücks nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die von dem Erwerber zu entrichtende eigene Erbschaftsteuer nicht abzugsfähig. Bei den Kosten für die Bewertung von Nachlassgegenständen handelt es sich jedoch nicht um Rechtsverfolgungskosten in diesem Sinne. Für eine weiter gehende Erstreckung des Abzugsverbots auf die Kosten der Bewertung eines zum Nachlass gehörenden Gegenstands bietet die Vorschrift keine Grundlage. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen war, wurde die Vorentscheidung aufgehoben.
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