14.12.2011

Schwimmende Anlage bewertungsrechtlich kein Gebäude

Eine auf dem Wasser schwimmende Anlage ist bewertungsrechtlich kein Gebäude. Ihr fehlt die feste Verbindung mit dem Grund und Boden und sie erfüllt überdies nicht die Anforderungen der für ein Gebäude erforderlichen Standfestigkeit.

BFH 26.10.2011, II R 27/10
Der Sachverhalt:
Die Klägerin errichtete auf einem im Randgebiet des Hamburger Hafens liegenden schiffbaren Kanal eine aus drei Schwimmkörpern und einem Pfahlbau bestehende und als gastronomisches Event- und Konferenzzentrum genutzte Anlage. Die Anlage ist durch bewegliche Versorgungsleitungen mit dem Festland verbunden. Der Pfahlbau, dessen Pfähle unter dem Wasser im Kanalgrund stehen, dient dem Hauptzugang zu den beiderseits liegenden Schwimmkörpern.

Der Hauptzugang vom Kai zum Pfahlbau erfolgt über eine unbewegliche und fest montierte offene Brücke ("Gangway"). Die Befestigung der Schwimmkörper erfolgt, zusätzlich zu derjenigen am Pfahlbau, durch weitere Befestigungen an sog. "Dalben" (d.h. in den Hafengrund eingerammten Pfählen) sowie durch Dalbenschlösser, so dass den Schwimmkörpern nur eine durch Wasserstand, Wellen, Gewichtsbelastung und Winddruck bedingte vertikale, nicht jedoch eine horizontale Positionsänderung möglich ist.

Nach Auffassung des Finanzamts waren neben dem Pfahlbau auch die Schwimmkörper als Gebäude zu behandeln und hierfür ein Einheitswert festzustellen. Es stellte entsprechend den Einheitswert für die Anlage als Geschäftsgrundstück - Gebäude auf fremdem Grund und Boden - auf den 1.1.2009 auf rd. 150.000 € fest.

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt, wobei es die Gebäudeeigenschaft lediglich für den Pfahlbau bejahte. Den Schwimmkörpern fehle es an einer festen Verbindung mit dem Grund und Boden. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das FG hat zutreffend die Schwimmkörper mit den auf ihnen ruhenden Aufbauten nicht als der Einheitsbewertung unterliegende Gebäude beurteilt und demgemäß nicht in die wirtschaftliche Einheit des als Gebäude auf fremdem Grund und Boden zu behandelnden Pfahlbaus einbezogen.

Bewertungsrechtlich ist ein Gebäude ein Bauwerk, das durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie von einiger Beständigkeit und standfest ist. Die feste Verbindung mit dem Boden ist zunächst dann gegeben, wenn einzelne oder durchgehende Fundamente vorhanden sind, das Bauwerk auf diese gegründet und dadurch mit dem Boden verankert ist. Ausnahmsweise liegt eine "feste Verbindung" auch vor, wenn das Bauwerk lediglich durch sein Eigengewicht auf dem Grundstück festgehalten wird, sofern nur dieses Eigengewicht einer Verankerung gleichwertig ist.

Nach diesen Grundsätzen erfüllt der ausschließlich auf Schwimmkörpern ruhende Teil der Anlage der Klägerin nicht die Merkmale eines Gebäudes. Einer auf dem Wasser schwimmenden Anlage fehlt die feste Verbindung mit dem Grund und Boden. Entgegen der Auffassung des Finanzamts reicht es für die Gebäudeeigenschaft nicht aus, dass eine solche schwimmende Anlage aufgrund kraftschlüssiger Verbindungen durch Dalbenschlösser "mittelbar" fest mit dem Grund und Boden verbunden ist. Derartige Verbindungen vermitteln - lediglich - eine positionsgenaue horizontale "Ortsfestigkeit" der Anlage, weil die Bewegung des Wassers keine Veränderung des Standorts herbeiführen kann.

Eine auf dem Wasser schwimmende Anlage erfüllt überdies nicht die Anforderungen der für ein Gebäude erforderlichen Standfestigkeit. Fehlt einem Bauwerk - wie hier - schon die feste Verbindung mit dem Grund und Boden, erfüllt es auch von vornherein nicht die Anforderungen der Standfestigkeit. Bei einem schwimmenden Bauwerk kann die Standfestigkeit bei einer fehlenden festen Verbindung mit dem Boden auch nicht durch eine Konstruktion bewirkt werden, die die Kippstabilität sowie einen hinreichenden Schutz gegen Tidenhub, Eis und Treibgut gewährleistet.

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BFH PM Nr. 102 vom 14.12.2011
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