31.08.2023

Spendenabzug bei Gewährung eines Darlehens an den Stifter im zeitlichen Zusammenhang mit einer Spende an die Stiftung

1. Der Umstand, dass eine Stiftung einen in ihr Vermögen gezahlten Betrag dem Zahlenden in engem zeitlichen Zusammenhang mit diesem Vorgang als verzinsliches Darlehen zur Verfügung stellt und mit den Zinserträgen ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke fördert, ist für sich genommen noch kein Grund, den Spendenabzug zu versagen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 22.08.2019 - V R 67/16, BFHE 266, 1, BStBl II 2020, 40).
2. Da der Spendenabzug voraussetzt, dass sich die Zahlung an die steuerbegünstigte Körperschaft als unentgeltlich darstellt, darf mit einer gegenläufigen Darlehensgewährung kein Vorteil für den Zuwendenden verbunden sein. An einem solchen Vorteil fehlt es, wenn sowohl die Gewährung des Darlehens dem Grunde nach als auch die vereinbarten Darlehensbedingungen einem Fremdvergleich standhalten und die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrags keinerlei Zweifel an dem aus Sicht des Zuwendenden nunmehr bestehenden Fremdkapitalcharakter dieser Mittel aufwirft.
3. Führt eine Revision zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das durch einen Einzelrichter handelnde FG, ist nicht an den Einzelrichter, sondern an den Vollsenat zurückzuweisen, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 FGO ersichtlich nicht erfüllt waren und sind.

Kurzbesprechung
BFH v. 26.4.2023 - X R 4/22

EStG § 10b Abs 1a, § 10b Abs 4 S 1
AO § 42, § 55 Abs 1
BGB § 181
FGO § 6 Abs 1


Im Streitfall ging es um die Frage, ob ein Spendenabzug nach § 10b Abs. 1a EStG möglich ist, wenn die bedachte Stiftung dem Spender den gespendeten Betrag als Darlehen wieder zur Verfügung stellt.

Der BFH entschied, dass der Umstand, dass eine Stiftung einen in ihr Vermögen gezahlten Betrag dem Zahlenden in engem zeitlichen Zusammenhang mit diesem Vorgang als verzinsliches Darlehen zur Verfügung stellt und mit den Zinserträgen ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke fördert, einem Spendenabzug nicht schon als solchem ‑ ohne Prüfung weiterer Voraussetzungen - entgegensteht.

Der Spendenabzug setzt grundsätzlich voraus, dass sich die Zahlung an die steuerbegünstigte Körperschaft als unentgeltlich darstellt, d.h. es darf mit einer gegenläufigen Darlehensgewährung kein Vorteil für den Zuwendenden verbunden sein. An einem solchen spendenabzugsschädlichen Vorteil fehlt es, wenn sowohl die Gewährung des Darlehens dem Grunde nach als auch die vereinbarten Darlehensbedingungen einem Fremdvergleich standhalten und die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrags keinerlei Zweifel am Fremdkapitalcharakter dieser Mittel aufwirft. Eine derartige Gestaltung ist auch nicht missbräuchlich im Sinne von § 42 AO.

Dem Spendenbegriff ist neben der erforderlichen Freiwilligkeit immanent, dass der Steuerpflichtige unentgeltlich handeln muss, das heißt ohne eine Gegenleistung des Empfängers beziehungsweise ohne unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Leistung und einer etwaigen Leistung des Empfängers. In erster Linie fehlt die Unentgeltlichkeit dann, wenn der Steuerpflichtige vom Zuwendungsempfänger ‑ oder von Personen, die diesem nahestehen ‑ eine Gegenleistung erhält.

In Sonderfällen ist die Unentgeltlichkeit aber auch unter dem Gesichtspunkt zu verneinen, dass die Zuwendung an den Empfänger unmittelbar und ursächlich mit einem von einem Dritten gewährten Vorteil ‑ der nicht wirtschaftlicher Natur sein muss ‑ zusammenhängt.

Ein Darlehen, das dem Grunde nach in fremdüblicher Weise von einer Stiftung gewährt wird, dessen Konditionen einem Fremdvergleich standhalten und das entsprechend der vertraglichen Vereinbarung durchgeführt wird, stellt in diesem Sinne jedoch keine Gegenleistung dar. Denn es ist ‑ bei Einhaltung der genannten Voraussetzungen ‑ für sich genommen bereits ein ausgewogenes gegenseitiges Rechtsgeschäft, so dass für die Annahme eines überschießenden Gegenleistungsanteils für eine vorangegangene Spende kein Raum bleibt. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei einem fremdüblichen Anstellungs- oder Mietvertrag zwischen einer Stiftung und ihrem ‑ zuvor Zuwendungen an die Stiftung leistenden ‑ Vorstandsmitglied.

Das ‑ für den Spendenabzug erforderliche ‑ Fehlen eines Vorteils für den Zuwendenden setzt im Fall der Gewährung eines verzinslichen Darlehens durch die Stiftung an den Stifter zum einen voraus, dass sich bereits die Darlehensgewährung als solche dem Grunde nach als fremdüblich darstellt. Hierzu gehört insbesondere die Einhaltung der für die Anlage von Mitteln des Vermögensstocks einer Stiftung üblichen Grundsätze, die auch bei der Gewährung von Darlehen an einen Stifter nicht verletzt werden dürfen. Ferner müssen die vereinbarten Darlehensbedingungen einem Fremdvergleich standhalten.

Darüber hinaus darf die tatsächliche Durchführung des Darlehensvertrags keine Zweifel daran aufwerfen, dass die der Stiftung zugewendeten und darlehensweise an den Stifter rücküberlassenen Mittel aus der Sicht des Zuwendenden nunmehr Fremdkapital darstellen, der Spender also endgültig wirtschaftlich belastet ist.

Die klare Trennung der Vermögenssphären der Stiftung einerseits und des Stifters andererseits stellt in derartigen Fällen ein wesentliches Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung dar. Entscheidend ist nicht, dass die Zahlungen an die Stiftung und die Darlehensgewährungen inhaltlich verknüpft sind, sondern ob der Stifter das (nunmehrige) Stiftungsvermögen als fremdes Vermögen ‑ und das ihm gewährte Darlehen damit als Fremdkapital ‑ anerkennt. Der Vermögensabfluss muss beim Stifter zu einer endgültigen wirtschaftlichen Belastung geführt haben.

Im Streitfall reichten die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht aus, um zu dem Ergebnis zu kommen, die Zahlungen des Steuerpflichtigen an die Stiftung seien wegen ihm gewährter Vorteile nicht als unentgeltlich und damit nicht als Spende anzusehen. Das FG hatte vielmehr allein das Fehlen der ‑ von ihm so bezeichneten ‑ "banküblichen Formalitäten" (Prüfung der Bonität und der beabsichtigten Mittelverwendung) als nicht fremdüblichen, mit der Darlehensgewährung verbundenen Vorteil des Steuerpflichtigen angesehen, der eine Unentgeltlichkeit der beiden Zahlungen an die Stiftung ausschließe. Es hatte jedoch keine Feststellungen zum erforderlichen Fremdvergleichsmaßstab getroffen, also dazu, mit welcher Intensität Banken bei Kunden, die eine mit dem Steuerpflichtigen vergleichbare Einkommens- und Vermögenssituation aufweisen, Bonitätsprüfungen und Mittelverwendungskontrollen vornehmen. Der BFH verwies daher den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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