Steuerbarkeit der Erstattung von auf der Fondsebene erhobenen Verwaltungsgebühren durch den Investmentmanager
Kurzbesprechung
BFH v. 24.10.2023 - VIII R 8/20
InvStG § 1 Abs 1, § 1 Abs 1b, § 1 Abs 3, § 1 Abs 4, § 2 Abs 1 S 1 Halbs 1, § 5, § 19 Abs 2 S 1
EStG § 20 Abs 1 Nr. 1 S 1, § 20 Abs 3
InvStG 2018
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 regelt den Umfang der steuerbaren laufenden Erträge aus Investmentanteilen gegenüber den allgemeinen Regelungen des Einkommensteuergesetzes abschließend. Hierdurch wird eine Besteuerung von Zahlungen eines Dritten (im Streitfall: des Investmentmanagers) an den Anleger nach diesen Vorschriften, die neben den Investmenterträgen gewährt werden, als sonstiger Vorteil gemäß § 20 Abs. 3 EStG oder als Erstattung von auf der Fondsebene abgezogenen Werbungskosten verdrängt.
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 unterwirft im Hinblick auf die Kapitalüberlassung des Anlegers an den Fonds beziehungsweise das Halten eines Investmentanteils auf der Anlegerebene ausgeschüttete Erträge (§ 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004), ausschüttungsgleiche Erträge (§ 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004) und Zwischengewinne (§ 1 Abs. 4 InvStG 2004) der Besteuerung. Der Umfang dieser steuerbaren Erträge des Anlegers wird durch die Legaldefinitionen in § 1 Abs. 3 und Abs. 4 InvStG 2004 sowie durch die Bestimmungen zur Ertragsermittlung (§ 3 und § 4 InvStG 2004) konkretisiert, einzelne Erträge werden von der Steuerpflicht wieder ausgenommen (z.B. § 2 Abs. 3 InvStG 2004).
Im Streitfall war die Zahlung, die die Steuerpflichtige erhalten hatte, nach diesen Regelungen nicht steuerbar. Sie wurde nicht durch die Teilfonds gewährt und beruhte insbesondere weder auf einer Verwendungsentscheidung des Investmentfonds gemäß § 12 InvStG 2004 noch erfüllte sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für ausschüttungsgleiche Erträge oder Zwischengewinne.
Aus der speziellen Regelung zur Steuerbarkeit und Steuerpflicht von Investmenterträgen in § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 und der systematischen Sonderstellung des Investmentsteuergesetzes 2004 gegenüber den allgemeinen Regelungen des Einkommensteuergesetzes ist abzuleiten, dass die investmentsteuerlichen Sondervorschriften den Umfang der Steuerbarkeit der laufenden Investmenterträge eines Privatanlegers abschließend regeln. Ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ist in diesem Bereich nur dort möglich, wo § 2 InvStG 2004 keine Regelung enthält oder § 2 InvStG 2004 auf die einkommensteuerlichen Regelungen verweist.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Fiktion des § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004, die bei einem Anleger mit Anteilen im Privatvermögen wie der Steuerpflichtigen die aus den verschiedenen Einkunftsquellen des Fonds stammenden Erträge im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 und Abs. 4 InvStG 2004 einheitlich den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zuordnet. Diese Zuordnung auf der Rechtsfolgenseite führt nur zur Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, die sich auf die Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG beziehen. Sie schränkt aber den Grundsatz, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 den Umfang der steuerbaren Erträge aus einem Investmentanteil abschließend und vorrangig regelt, nicht ein. Erträge des Anlegers aus einem Investmentanteil, die nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 steuerbar sind, aber nach den allgemeinen Kriterien dem Einkünftekatalog des § 2 EStG unterfallen, unterliegen deshalb nicht der Einkommensteuer.
Den Besteuerungstatbeständen des § 20 Abs. 1 und Abs. 3 EStG liegt ein weiter Veranlassungszusammenhang und Einkünftebegriff zugrunde, nach dem zu den Einkünften aus Kapitalvermögen alle Vermögensmehrungen gehören, die bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Entgelt für die Kapitalüberlassung sind. § 20 Abs. 3 EStG, der besondere Entgelte und sonstige Vorteile als Entgelte für die Kapitalüberlassung qualifiziert, hat nur klarstellenden Charakter.
Das den allgemeinen Besteuerungstatbeständen des § 20 Abs. 1 EStG zugrundeliegende Prinzip, dass zu den laufenden Einkünften aus Kapitalvermögen alle Vermögensmehrungen gehören, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalüberlassung sind, widerstreitet der spezielleren und abschließenden Regelung zur Besteuerung ausgewählter Erträge aus Anteilen an einem Investmentfonds in § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004.
Im Streitfall konnte eine Steuerbarkeit der von der Steuerpflichtigen erhaltenen Zahlung auch nicht auf den Gesichtspunkt stützen, dass es sich um die Erstattung von Werbungskosten an die Steuerpflichtige handele, die auf Ebene der Teilfonds zu den nach § 3 Abs. 3 InvStG 2004 abziehbaren Werbungskosten gehört hätten und deshalb der Besteuerung zu unterwerfen seien.
Verlag Dr. Otto Schmidt
InvStG § 1 Abs 1, § 1 Abs 1b, § 1 Abs 3, § 1 Abs 4, § 2 Abs 1 S 1 Halbs 1, § 5, § 19 Abs 2 S 1
EStG § 20 Abs 1 Nr. 1 S 1, § 20 Abs 3
InvStG 2018
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 regelt den Umfang der steuerbaren laufenden Erträge aus Investmentanteilen gegenüber den allgemeinen Regelungen des Einkommensteuergesetzes abschließend. Hierdurch wird eine Besteuerung von Zahlungen eines Dritten (im Streitfall: des Investmentmanagers) an den Anleger nach diesen Vorschriften, die neben den Investmenterträgen gewährt werden, als sonstiger Vorteil gemäß § 20 Abs. 3 EStG oder als Erstattung von auf der Fondsebene abgezogenen Werbungskosten verdrängt.
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 unterwirft im Hinblick auf die Kapitalüberlassung des Anlegers an den Fonds beziehungsweise das Halten eines Investmentanteils auf der Anlegerebene ausgeschüttete Erträge (§ 1 Abs. 3 Satz 2 InvStG 2004), ausschüttungsgleiche Erträge (§ 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG 2004) und Zwischengewinne (§ 1 Abs. 4 InvStG 2004) der Besteuerung. Der Umfang dieser steuerbaren Erträge des Anlegers wird durch die Legaldefinitionen in § 1 Abs. 3 und Abs. 4 InvStG 2004 sowie durch die Bestimmungen zur Ertragsermittlung (§ 3 und § 4 InvStG 2004) konkretisiert, einzelne Erträge werden von der Steuerpflicht wieder ausgenommen (z.B. § 2 Abs. 3 InvStG 2004).
Im Streitfall war die Zahlung, die die Steuerpflichtige erhalten hatte, nach diesen Regelungen nicht steuerbar. Sie wurde nicht durch die Teilfonds gewährt und beruhte insbesondere weder auf einer Verwendungsentscheidung des Investmentfonds gemäß § 12 InvStG 2004 noch erfüllte sie die tatbestandlichen Voraussetzungen für ausschüttungsgleiche Erträge oder Zwischengewinne.
Aus der speziellen Regelung zur Steuerbarkeit und Steuerpflicht von Investmenterträgen in § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 und der systematischen Sonderstellung des Investmentsteuergesetzes 2004 gegenüber den allgemeinen Regelungen des Einkommensteuergesetzes ist abzuleiten, dass die investmentsteuerlichen Sondervorschriften den Umfang der Steuerbarkeit der laufenden Investmenterträge eines Privatanlegers abschließend regeln. Ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ist in diesem Bereich nur dort möglich, wo § 2 InvStG 2004 keine Regelung enthält oder § 2 InvStG 2004 auf die einkommensteuerlichen Regelungen verweist.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Fiktion des § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004, die bei einem Anleger mit Anteilen im Privatvermögen wie der Steuerpflichtigen die aus den verschiedenen Einkunftsquellen des Fonds stammenden Erträge im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 und Abs. 4 InvStG 2004 einheitlich den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zuordnet. Diese Zuordnung auf der Rechtsfolgenseite führt nur zur Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, die sich auf die Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG beziehen. Sie schränkt aber den Grundsatz, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 den Umfang der steuerbaren Erträge aus einem Investmentanteil abschließend und vorrangig regelt, nicht ein. Erträge des Anlegers aus einem Investmentanteil, die nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004 steuerbar sind, aber nach den allgemeinen Kriterien dem Einkünftekatalog des § 2 EStG unterfallen, unterliegen deshalb nicht der Einkommensteuer.
Den Besteuerungstatbeständen des § 20 Abs. 1 und Abs. 3 EStG liegt ein weiter Veranlassungszusammenhang und Einkünftebegriff zugrunde, nach dem zu den Einkünften aus Kapitalvermögen alle Vermögensmehrungen gehören, die bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Entgelt für die Kapitalüberlassung sind. § 20 Abs. 3 EStG, der besondere Entgelte und sonstige Vorteile als Entgelte für die Kapitalüberlassung qualifiziert, hat nur klarstellenden Charakter.
Das den allgemeinen Besteuerungstatbeständen des § 20 Abs. 1 EStG zugrundeliegende Prinzip, dass zu den laufenden Einkünften aus Kapitalvermögen alle Vermögensmehrungen gehören, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalüberlassung sind, widerstreitet der spezielleren und abschließenden Regelung zur Besteuerung ausgewählter Erträge aus Anteilen an einem Investmentfonds in § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 InvStG 2004.
Im Streitfall konnte eine Steuerbarkeit der von der Steuerpflichtigen erhaltenen Zahlung auch nicht auf den Gesichtspunkt stützen, dass es sich um die Erstattung von Werbungskosten an die Steuerpflichtige handele, die auf Ebene der Teilfonds zu den nach § 3 Abs. 3 InvStG 2004 abziehbaren Werbungskosten gehört hätten und deshalb der Besteuerung zu unterwerfen seien.