Steuerbarkeit von Geschäftsführungsleistungen einer Praxisgemeinschaft; Reichweite der Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL (Rechtslage vor Inkrafttreten des § 4 Nr. 29 UStG)
Kurzbesprechung
BFH-Beschluss v. 4.9.2024 - XI R 37/21
UStG § 1 Abs 1 Nr. 1, UStG § 4 Nr. 29, UStG § 4 Nr. 14 Buchst. d, UStG § 4 Nr. 14 S 2, UStG § 4 Nr. 14 S 2, UStG § 4 Nr. 14 S 2
EGRL 112/2006 Art 132 Abs 1 Buchst. f
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Dafür muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet; der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt Dies gilt auch bei Leistungen, die eine Gesellschaft an ihre Gesellschafter ausführt. Das maßgebliche Rechtsverhältnis kann auch in einem Gesellschaftsvertrag bestehen.
Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor. Auch ist die Nutzung von Gegenständen des Gesellschaftsvermögens oder anderer Leistungen der Gesellschaft für eigene Zwecke der Gesellschafter als entgeltliche Leistung bereits dann steuerbar, wenn die Gesellschaft hierfür Aufwendungsersatz erhält Die Qualifizierung der Zahlung des Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag und die handelsbilanzielle Einstufung der Zahlung sind unerheblich. Entscheidend für das Vorliegen eines verbrauchsfähigen Vorteils ist, dass ein individueller Leistungsempfänger aus der Leistung einen konkreten Vorteil zieht.
Die Tatsache, dass bei einer Praxisgemeinschaft als Gesellschaft der Gesellschaftszweck zugleich Neigungen, Interessen oder gegebenenfalls Verpflichtungen der Gesellschafter befriedigt, begründet als solche keinen Leistungsaustausch im konkreten Individualinteresse der Gesellschafter. Eine Zahlung eines Gesellschafters ist im Gesellschaftsverhältnis begründet und kein Entgelt für eine Leistung, wenn sie nur dazu dient, die Gesellschaft mit dem für ihre Tätigkeit notwendigen Kapital auszustatten.
Ausgehend davon hatte das FG zutreffend entschieden, dass die Steuerpflichtige (Praxisgemeinschaft) zwar Leistungen an ihre Gesellschafter A und B erbracht hatte. Soweit sie von A Geschäftsführungsleistungen bezogen hatte, hatte sie keine Leistungen an B (oder an A und B) ausgeführt.
Die streitigen Leistungen der Steuerpflichtigen an A und B waren umsatzsteuerfrei. Dies ergibt sich aus § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG 1973/1980/1993/1999 bzw. § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG a.F., wonach bis zum 31.12.2019 die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in Satz 1 bzw. Buchst. a bezeichneten Berufe oder Einrichtungen im Sinne des Buchst. b waren, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach Satz 1 bzw. Buchst. a steuerfreien Umsätze verwendet wurden, steuerfrei waren. Seit 01.01.2009 war zusätzlich erforderlich, dass die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten forderte.
Nach dem weiter gehenden Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL sind unter anderem Dienstleistungen, die selbstständige Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, steuerfrei, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Auch diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nach den Feststellungen des FG vor.
Verlag Dr. Otto Schmidt
UStG § 1 Abs 1 Nr. 1, UStG § 4 Nr. 29, UStG § 4 Nr. 14 Buchst. d, UStG § 4 Nr. 14 S 2, UStG § 4 Nr. 14 S 2, UStG § 4 Nr. 14 S 2
EGRL 112/2006 Art 132 Abs 1 Buchst. f
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Dafür muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet; der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt Dies gilt auch bei Leistungen, die eine Gesellschaft an ihre Gesellschafter ausführt. Das maßgebliche Rechtsverhältnis kann auch in einem Gesellschaftsvertrag bestehen.
Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor. Auch ist die Nutzung von Gegenständen des Gesellschaftsvermögens oder anderer Leistungen der Gesellschaft für eigene Zwecke der Gesellschafter als entgeltliche Leistung bereits dann steuerbar, wenn die Gesellschaft hierfür Aufwendungsersatz erhält Die Qualifizierung der Zahlung des Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag und die handelsbilanzielle Einstufung der Zahlung sind unerheblich. Entscheidend für das Vorliegen eines verbrauchsfähigen Vorteils ist, dass ein individueller Leistungsempfänger aus der Leistung einen konkreten Vorteil zieht.
Die Tatsache, dass bei einer Praxisgemeinschaft als Gesellschaft der Gesellschaftszweck zugleich Neigungen, Interessen oder gegebenenfalls Verpflichtungen der Gesellschafter befriedigt, begründet als solche keinen Leistungsaustausch im konkreten Individualinteresse der Gesellschafter. Eine Zahlung eines Gesellschafters ist im Gesellschaftsverhältnis begründet und kein Entgelt für eine Leistung, wenn sie nur dazu dient, die Gesellschaft mit dem für ihre Tätigkeit notwendigen Kapital auszustatten.
Ausgehend davon hatte das FG zutreffend entschieden, dass die Steuerpflichtige (Praxisgemeinschaft) zwar Leistungen an ihre Gesellschafter A und B erbracht hatte. Soweit sie von A Geschäftsführungsleistungen bezogen hatte, hatte sie keine Leistungen an B (oder an A und B) ausgeführt.
Die streitigen Leistungen der Steuerpflichtigen an A und B waren umsatzsteuerfrei. Dies ergibt sich aus § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG 1973/1980/1993/1999 bzw. § 4 Nr. 14 Buchst. d UStG a.F., wonach bis zum 31.12.2019 die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in Satz 1 bzw. Buchst. a bezeichneten Berufe oder Einrichtungen im Sinne des Buchst. b waren, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach Satz 1 bzw. Buchst. a steuerfreien Umsätze verwendet wurden, steuerfrei waren. Seit 01.01.2009 war zusätzlich erforderlich, dass die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten forderte.
Nach dem weiter gehenden Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL sind unter anderem Dienstleistungen, die selbstständige Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, steuerfrei, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Auch diese Voraussetzungen lagen im Streitfall nach den Feststellungen des FG vor.