Steuerbegünstigung für Umwandlungen im Konzern nach § 6a GrEStG
Kurzbesprechung
BFH v. 21.8.2019 - II R 15/19
BFH v. 21.8.019 - II R 16/19
BFH v. 22.8.2019 - II R 17/19
BFH v. 22.8.2019 - II R 18/19
BFH v. 21.8.2019 - II R 19/19
BFH v. 21.8.2019 - II R 20/19
BFH v. 21.8.2019 - II R 21/19
GrEStG § 6a, § 1 Abs. 1 Nr. 3
Der BFH hat in sieben grundlegenden Entscheidungen die Steuerbegünstigung für Umwandlungen im Konzern nach § 6a GrEStG ausdrücklich als europarechtlich konform herausgestellt und im Übrigen die Steuerbegünstigung entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis weit ausgelegt.
Im Streitfall II R 18/19 war die Steuerpflichtige seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin einer Tochtergesellschaft, die auf die Steuerpflichtige verschmolzen wurde. Hierdurch gingen die Grundstücke der Tochtergesellschaft auf die Steuerpflichtige über. Das FA sah darin einen steuerbaren Erwerbsvorgang, der auch nicht gemäß § 6a GrEStG begünstigt sei. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt und bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a GrEStG.
So sieht das auch der BFH und wies die vom FG eingelegte Revision als unbegründet zurück. Nach § 6a GrEStG wird für bestimmte steuerbare Erwerbe aufgrund einer Umwandlung (z.B. Verschmelzung) die Grunderwerbsteuer nicht erhoben. Voraussetzung ist u.a., dass an dem Umwandlungsvorgang ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft beteiligt seien und die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft in Höhe von mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang besteht.
Nach der Rechtsprechung des EuGH stellt die von § 6a GrEStG gewährte Steuerbegünstigung keine unionsrechtlich verbotene Beihilfe dar. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sieht der BFH auch die Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Steuerpflichtige als begünstigt an. Dabei ist unschädlich, dass die Steuerpflichtige nach der Verschmelzung aus umwandlungsrechtlichen Gründen keine Beteiligung an der Tochtergesellschaft mehr halten konnte und folglich der "Verbund" zwischen der Steuerpflichtigen als herrschendem Unternehmen und der grundbesitzenden Tochtergesellschaft als abhängiger Gesellschaft durch die Verschmelzung beendet wurde.
In fünf weiteren Verfahren (II R 15/19, II R 16/19, II R 19/19, II R 20/19 und II R 21/19) legt der BFH die Steuerbegünstigung zugunsten der Steuerpflichtigen weit aus und widerspricht damit der engen Auslegung seitens der Finanzverwaltung. Das gilt sowohl für den in der Norm verwendeten Begriff des herrschenden Unternehmens als auch für die Frage, welche Umwandlungsvorgänge von der Steuerbegünstigung erfasst werden. Lediglich im Verfahren II R 17/19 sah der BFH die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nicht als erfüllt an.
Der BFH stellte hierzu heraus, dass der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG nicht auf Unternehmen i.S. des Umsatzsteuergesetzes beschränkt ist. Vielmehr gilt die Vorschrift mangels näherer gesetzlicher Eingrenzung für alle Rechtsträger i.S. des GrEStG, die wirtschaftlich tätig sind.
Der weite Anwendungsbereich betrifft auch die Rechtsform des Unternehmens. Zwar spricht der Wortlaut der Vorschrift von einem herrschenden "Unternehmen" und von diesem abhängigen "Gesellschaften". Daraus lässt sich aber z.B. nicht der Schluss ziehen, dass das herrschende Unternehmen in einer bestimmten Rechtsform organisiert sein muss. Herrschendes Unternehmen können folglich auch Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften sowie natürliche und juristische Personen sein, die wirtschaftlich tätig sind.
Aus dem Begriff "Unternehmen" lässt sich nicht herleiten, dass für die Anwendung des § 6a GrEStG die Beteiligung an den abhängigen Gesellschaften im Betriebsvermögen gehalten werden müsste. Eine solche Anknüpfung an bilanzielle oder ertragsteuerrechtliche Begriffe ist der Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer fremd. Die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG von der Vermögenszugehörigkeit abhängig zu machen, findet im Gesetz keinen Anhaltspunkt. § 6a GrEStG ist folglich auch anwendbar, wenn die Beteiligung im Privatvermögen einer natürlichen Person gehalten wird.
Dies gilt selbst dann, wenn - wie § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG es ausdrücklich vorsieht - eine Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter verschmolzen wird und dieser das Vermögen der Gesellschaft als Gesamtrechtsnachfolger übernimmt. Der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann herrschendes Unternehmen i.S. des § 6a GrEStG sein. Er ist über seine Beteiligung an der Gesellschaft wirtschaftlich tätig. Eine Einschränkung des Tatbestands dahingehend, dass nur bestimmte Verschmelzungsvorgänge von § 6a GrEStG erfasst sein sollen, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. § 6a Satz 1 GrEStG erfasst alle Umwandlungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG, folglich auch Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).
Welche Rechtsträger verschmelzungsfähig sind, regelt § 3 UmwG. Natürliche Personen können nur als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft deren Vermögen übernehmen. Eine Verschmelzung von einer natürlichen Person auf einen anderen Rechtsträger sieht § 3 UmwG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber bestimmte, nach dem UmwG zulässige Verschmelzungen vom Anwendungsbereich des § 6a GrEStG ausnehmen wollen, hätte dies im Wortlaut des § 6a GrEStG einen Anklang finden müssen.
Nach Ansicht des BFH ist § 6a Satz 4 GrEStG dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können.
Bei Umwandlungsvorgängen zwischen einer abhängigen Gesellschaft und einem herrschenden Unternehmen muss in Fällen der Verschmelzung nur die Vorbehaltensfrist und in Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nur die Nachbehaltensfrist eingehalten werden. Das gilt bei der Verschmelzung sowohl für die Verschmelzung auf die abhängige Gesellschaft als auch für die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen. Die Nachbehaltensfrist muss bei der Verschmelzung und die Vorbehaltensfrist bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Steuerbegünstigung zu erlangen.
Entsprechendes gilt, wenn mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften an dem Umwandlungsvorgang beteiligt sind. In diesem Fall muss bei der Verschmelzung die Nachbehaltensfrist nur in Bezug auf die aufnehmende Gesellschaft und die Vorbehaltensfrist in Bezug auf die beiden abhängigen Gesellschaften eingehalten werden. Bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die Vorbehaltensfrist nur in Bezug auf die abgebende Gesellschaft und die Nachbehaltensfrist in Bezug auf beide abhängigen Gesellschaften eingehalten werden.
Die von der Finanzverwaltung vertretene gegenteilige Auffassung findet nach Auffassung des BFH weder im Wortlaut oder in der Systematik des § 6a GrEStG noch in den Gesetzesmaterialien eine Stütze.
Verlag Dr. Otto Schmidt
BFH v. 21.8.019 - II R 16/19
BFH v. 22.8.2019 - II R 17/19
BFH v. 22.8.2019 - II R 18/19
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GrEStG § 6a, § 1 Abs. 1 Nr. 3
Der BFH hat in sieben grundlegenden Entscheidungen die Steuerbegünstigung für Umwandlungen im Konzern nach § 6a GrEStG ausdrücklich als europarechtlich konform herausgestellt und im Übrigen die Steuerbegünstigung entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis weit ausgelegt.
Im Streitfall II R 18/19 war die Steuerpflichtige seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin einer Tochtergesellschaft, die auf die Steuerpflichtige verschmolzen wurde. Hierdurch gingen die Grundstücke der Tochtergesellschaft auf die Steuerpflichtige über. Das FA sah darin einen steuerbaren Erwerbsvorgang, der auch nicht gemäß § 6a GrEStG begünstigt sei. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt und bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a GrEStG.
So sieht das auch der BFH und wies die vom FG eingelegte Revision als unbegründet zurück. Nach § 6a GrEStG wird für bestimmte steuerbare Erwerbe aufgrund einer Umwandlung (z.B. Verschmelzung) die Grunderwerbsteuer nicht erhoben. Voraussetzung ist u.a., dass an dem Umwandlungsvorgang ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft beteiligt seien und die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft in Höhe von mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang besteht.
Nach der Rechtsprechung des EuGH stellt die von § 6a GrEStG gewährte Steuerbegünstigung keine unionsrechtlich verbotene Beihilfe dar. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sieht der BFH auch die Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Steuerpflichtige als begünstigt an. Dabei ist unschädlich, dass die Steuerpflichtige nach der Verschmelzung aus umwandlungsrechtlichen Gründen keine Beteiligung an der Tochtergesellschaft mehr halten konnte und folglich der "Verbund" zwischen der Steuerpflichtigen als herrschendem Unternehmen und der grundbesitzenden Tochtergesellschaft als abhängiger Gesellschaft durch die Verschmelzung beendet wurde.
In fünf weiteren Verfahren (II R 15/19, II R 16/19, II R 19/19, II R 20/19 und II R 21/19) legt der BFH die Steuerbegünstigung zugunsten der Steuerpflichtigen weit aus und widerspricht damit der engen Auslegung seitens der Finanzverwaltung. Das gilt sowohl für den in der Norm verwendeten Begriff des herrschenden Unternehmens als auch für die Frage, welche Umwandlungsvorgänge von der Steuerbegünstigung erfasst werden. Lediglich im Verfahren II R 17/19 sah der BFH die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nicht als erfüllt an.
Der BFH stellte hierzu heraus, dass der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG nicht auf Unternehmen i.S. des Umsatzsteuergesetzes beschränkt ist. Vielmehr gilt die Vorschrift mangels näherer gesetzlicher Eingrenzung für alle Rechtsträger i.S. des GrEStG, die wirtschaftlich tätig sind.
Der weite Anwendungsbereich betrifft auch die Rechtsform des Unternehmens. Zwar spricht der Wortlaut der Vorschrift von einem herrschenden "Unternehmen" und von diesem abhängigen "Gesellschaften". Daraus lässt sich aber z.B. nicht der Schluss ziehen, dass das herrschende Unternehmen in einer bestimmten Rechtsform organisiert sein muss. Herrschendes Unternehmen können folglich auch Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften sowie natürliche und juristische Personen sein, die wirtschaftlich tätig sind.
Aus dem Begriff "Unternehmen" lässt sich nicht herleiten, dass für die Anwendung des § 6a GrEStG die Beteiligung an den abhängigen Gesellschaften im Betriebsvermögen gehalten werden müsste. Eine solche Anknüpfung an bilanzielle oder ertragsteuerrechtliche Begriffe ist der Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer fremd. Die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG von der Vermögenszugehörigkeit abhängig zu machen, findet im Gesetz keinen Anhaltspunkt. § 6a GrEStG ist folglich auch anwendbar, wenn die Beteiligung im Privatvermögen einer natürlichen Person gehalten wird.
Dies gilt selbst dann, wenn - wie § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG es ausdrücklich vorsieht - eine Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter verschmolzen wird und dieser das Vermögen der Gesellschaft als Gesamtrechtsnachfolger übernimmt. Der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann herrschendes Unternehmen i.S. des § 6a GrEStG sein. Er ist über seine Beteiligung an der Gesellschaft wirtschaftlich tätig. Eine Einschränkung des Tatbestands dahingehend, dass nur bestimmte Verschmelzungsvorgänge von § 6a GrEStG erfasst sein sollen, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. § 6a Satz 1 GrEStG erfasst alle Umwandlungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG, folglich auch Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).
Welche Rechtsträger verschmelzungsfähig sind, regelt § 3 UmwG. Natürliche Personen können nur als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft deren Vermögen übernehmen. Eine Verschmelzung von einer natürlichen Person auf einen anderen Rechtsträger sieht § 3 UmwG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber bestimmte, nach dem UmwG zulässige Verschmelzungen vom Anwendungsbereich des § 6a GrEStG ausnehmen wollen, hätte dies im Wortlaut des § 6a GrEStG einen Anklang finden müssen.
Nach Ansicht des BFH ist § 6a Satz 4 GrEStG dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können.
Bei Umwandlungsvorgängen zwischen einer abhängigen Gesellschaft und einem herrschenden Unternehmen muss in Fällen der Verschmelzung nur die Vorbehaltensfrist und in Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nur die Nachbehaltensfrist eingehalten werden. Das gilt bei der Verschmelzung sowohl für die Verschmelzung auf die abhängige Gesellschaft als auch für die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen. Die Nachbehaltensfrist muss bei der Verschmelzung und die Vorbehaltensfrist bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Steuerbegünstigung zu erlangen.
Entsprechendes gilt, wenn mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften an dem Umwandlungsvorgang beteiligt sind. In diesem Fall muss bei der Verschmelzung die Nachbehaltensfrist nur in Bezug auf die aufnehmende Gesellschaft und die Vorbehaltensfrist in Bezug auf die beiden abhängigen Gesellschaften eingehalten werden. Bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die Vorbehaltensfrist nur in Bezug auf die abgebende Gesellschaft und die Nachbehaltensfrist in Bezug auf beide abhängigen Gesellschaften eingehalten werden.
Die von der Finanzverwaltung vertretene gegenteilige Auffassung findet nach Auffassung des BFH weder im Wortlaut oder in der Systematik des § 6a GrEStG noch in den Gesetzesmaterialien eine Stütze.