Steuerfreie Leistungen eines Verfahrensbeistands
BFH v. 17.7.2019 - V R 27/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Diplom-Psychologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin und Systemische Beraterin. Sie betreibt seit 2003 eine eigene Praxis. Im Streitjahr 2013 hatte sie u.a. Leistungen als Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG erbracht. In ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das II. Quartal 2013 erklärte sie zunächst Ausgangsumsätze zum Regelsteuersatz von 15.966 €, legte gegen diese Voranmeldung aber Einspruch ein und beantragte unter Berufung auf die Steuerfreiheit nach Unionsrecht die Herabsetzung der Umsatzsteuer auf 0 €.
Das Finanzamt wies den Einspruch ab. Im Laufe des Klageverfahrens erließ es einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2013, in dem es hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen von umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen ausging. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Das FG hat die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL zu eng ausgelegt und die Leistungen der Klägerin als Verfahrensbeistand daher zu Unrecht nicht als steuerfrei behandelt.
Die Leistungen der Klägerin als Verfahrensbeistand sind als "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen" verbunden anzusehen. Der Verfahrensbeistand ist als soziale Einrichtung anerkannt. Einer Steuerfreiheit nach Unionsrecht kann nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber in § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG von der Umsatzsteuerpflicht der Vergütung des Verfahrensbeistands ausgeht. Die Gesetzesformulierung ("... die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer ...") ist dahingehend auslegbar, dass die Umsatzsteuer nur dann als Bestandteil der Vergütung anzusehen ist, wenn sie nach geltendem Umsatzsteuerrecht geschuldet wird.
Die Klägerin übte als Verfahrensbeistand eine eng mit der sozialen Fürsorge verbundene Tätigkeit aus und war aufgrund einer Gesamtwürdigung der maßgeblichen Kriterien auch als soziale Einrichtung anerkannt. Für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen konnte sie sich mangels hinreichender Umsetzung in nationales Recht auf die für sie günstige Befreiungsnorm des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL unmittelbar berufen. Soweit sich aus Abschn. 4.25.2 UStAE ergeben sollte, dass für gerichtlich bestellte Verfahrensbeistände auch die Berufung auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausgeschlossen wird, folgt der Senat dieser von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung nicht.
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Die Klägerin ist Diplom-Psychologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin und Systemische Beraterin. Sie betreibt seit 2003 eine eigene Praxis. Im Streitjahr 2013 hatte sie u.a. Leistungen als Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG erbracht. In ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das II. Quartal 2013 erklärte sie zunächst Ausgangsumsätze zum Regelsteuersatz von 15.966 €, legte gegen diese Voranmeldung aber Einspruch ein und beantragte unter Berufung auf die Steuerfreiheit nach Unionsrecht die Herabsetzung der Umsatzsteuer auf 0 €.
Das Finanzamt wies den Einspruch ab. Im Laufe des Klageverfahrens erließ es einen Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2013, in dem es hinsichtlich der streitgegenständlichen Leistungen von umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen ausging. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Das FG hat die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL zu eng ausgelegt und die Leistungen der Klägerin als Verfahrensbeistand daher zu Unrecht nicht als steuerfrei behandelt.
Die Leistungen der Klägerin als Verfahrensbeistand sind als "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen" verbunden anzusehen. Der Verfahrensbeistand ist als soziale Einrichtung anerkannt. Einer Steuerfreiheit nach Unionsrecht kann nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber in § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG von der Umsatzsteuerpflicht der Vergütung des Verfahrensbeistands ausgeht. Die Gesetzesformulierung ("... die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer ...") ist dahingehend auslegbar, dass die Umsatzsteuer nur dann als Bestandteil der Vergütung anzusehen ist, wenn sie nach geltendem Umsatzsteuerrecht geschuldet wird.
Die Klägerin übte als Verfahrensbeistand eine eng mit der sozialen Fürsorge verbundene Tätigkeit aus und war aufgrund einer Gesamtwürdigung der maßgeblichen Kriterien auch als soziale Einrichtung anerkannt. Für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen konnte sie sich mangels hinreichender Umsetzung in nationales Recht auf die für sie günstige Befreiungsnorm des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL unmittelbar berufen. Soweit sich aus Abschn. 4.25.2 UStAE ergeben sollte, dass für gerichtlich bestellte Verfahrensbeistände auch die Berufung auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausgeschlossen wird, folgt der Senat dieser von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung nicht.
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