Steuerfreies Übernahmeergebnis bei sog. Abwärtsabspaltungen und Seitwärtsabspaltungen
BFH 9.1.2013, I R 24/12Die Klägerin ist eine GmbH, auf die eine andere GmbH, die MW-GmbH, aufgrund Spaltungs- und Übernahmevertrag von April 2007 im Wege der Abspaltung zur Aufnahme nach § 123 Abs. 2 Nr. 1, §§ 124 ff. UmwG 2006 einen Teilbetrieb N übertragen hatte. Dieser Teilbetrieb war im März 2006, dem Streitjahr, - ebenso wie ein zweiter Teilbetrieb S - durch Aufteilung des Gesamtunternehmens von den beiden je hälftig an der MW-GmbH beteiligten Gesellschaftern DN und AS rückwirkend zum 1.1.2006 begründet worden. Als Ausgleich für die Übertragung des Teilbetriebs hatte die Klägerin ihrem Gesellschafter DN einen Geschäftsanteil zum Nennwert von 5.000 € gewährt. Als Spaltungsstichtag war der 31.12.2006 vereinbart worden. Die Klägerin führte die auf sie übergegangenen Teile des Vermögens der MW-GmbH mit den Buchwerten fort.
Das Finanzamt beurteilte den Vorgang ebenso wie die Klägerin nach § 15 UmwStG 2006 als Abspaltung, der infolge des vereinbarten Spaltungsstichtags dem Streitjahr zuzuordnen sei. Er verminderte auf dieser Basis das auf den Teilbetrieb N entfallende Eigenkapital i.H.v. rd. 790.000 € um den Nennwert des für die Übertragung gewährten Geschäftsanteils; der danach i.H.v. rd. 784.000 € errechnete Übernahmegewinn wurde nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 als steuerfrei behandelt und dementsprechend außerbilanziell korrigiert, das allerdings lediglich um rd. 748.000 €, weil die auf den Teilbetrieb N entfallenen spaltungsbedingten Kosten von rd. 79.000 € unter Berücksichtigung eines - im einzelnen unstreitigen - Anpassungsbetrags i.H.v. rd. 43.000 € unberücksichtigt blieben; diese Kosten seien als laufende Betriebsausgaben wirtschaftlich durch den Übernahmevorgang veranlasst und deswegen nach § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG 2006 nicht abzugsfähig.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das FG hat zu Unrecht angenommen, die bei der Klägerin angefallenen Transaktionskosten seien im Streitjahr als Betriebsausgaben abziehbar, weil auf die Einbringung des Teilbetriebs N gegen Gewährung von Kapitalanteilen an der Klägerin allgemeine Einlagegrundsätze Anwendung fänden. Vielmehr schließt § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 und der danach zu berechnende Übernahmegewinn den Betriebsausgabenabzug aus.
Ein abspaltungsbedingtes Übernahmeergebnis ist steuerbefreit; es bleibt nach § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 in Höhe des beschriebenen Unterschieds zwischen dem Anteilsbuchwert und dem Übernahmewert der übergegangenen Wirtschaftsgüter abzgl. der Kosten für den Vermögensübergang außer Ansatz. Es lässt sich vertreten, diese Rechtsfolge sei nach dem Regelungswortlaut letztlich unabhängig davon, ob die übernehmende Körperschaft bereits vor dem umwandlungssteuerrelevanten Vorgang an der übertragenden Körperschaft beteiligt gewesen ist oder nicht. Denn eine derartige Beteiligung wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen, aber auch nicht explizit gefordert. Dieses Regelungsverständnis entspricht der einschlägigen Verwaltungspraxis.
Es wird allerdings von der letztlich ausnahmslos vertretenen Schrifttumsauffassung angegriffen: Sei mangels Beteiligung der Übernehmerin an der Übertragenden kein Buchwert der wegfallenden Anteile vorhanden, dann seien die Voraussetzungen für die Anwendung von § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 nicht erfüllt und es griffen deshalb für die im Zuge der Abspaltung eingebrachten Wirtschaftsgüter des Teilbetriebs die allgemeinen Einlagegrundsätze (§ 4 Abs. 1 S. 1 u. 7 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002), was wiederum den unbeschränkten Abzug umwandlungsbedingter Kosten als laufende Betriebsausgaben ermögliche. Dem ist nicht beizupflichten.
§ 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 beschreibt die Voraussetzungen für das steuerliche "Außerachtlassen" lediglich abstrakt, ohne Bezug zu einem konkreten Beteiligungsverhältnis. Zwar könnte die Verwendung des bestimmten Artikels bezogen auf den Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft ("dem") vermuten lassen, ein solcher Buchwert müsse einen tatsächlichen Ansatzwert repräsentieren; § 12 Abs. 2 UmwStG 2006 sei deswegen nur auf eine sog. Aufwärtsverschmelzung bzw. -abspaltung anwendbar, auf andere Formen der Umwandlung (sog. Abwärts- oder Seitwärtsverschmelzungen bzw. -abspaltungen) hingegen nicht. Zwingend ist eine derartige Lesart jedoch keineswegs. Gleichermaßen lässt sich die Regelungsformulierung als Beschreibung eines bloßen Rechenvorgangs verstehen, für den der Buchwert bei konkret tatsächlich fehlender Beteiligung eben mit Null zu quantifizieren ist.
Dem steht nicht der Regelungszweck entgegen, wonach die Vorschrift des § 12 Abs. 2 UmwStG 2006 die Besteuerung der in den Anteilen am übertragenden Rechtsträger enthaltenen stillen Reserven vermeiden soll. Das ist zwar richtig, gibt indessen keinen Grund, die Regelungsreichweite des § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 auf Fälle entsprechender Beteiligungen zu verengen; die mit dem umwandlungssteuerrechtlichen Rahmenbedingungen verbundene Zielsetzung wird durch eine insoweit weiter gehende Regelung nicht beeinflusst. Vielmehr sprechen weitere Umstände gegen das tatbestandliche Erfordernis eines tatsächlichen Beteiligungsbesitzes, um in den Vorteil der steuerlichen Freistellung nach Maßgabe von § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 zu gelangen.
Folge dieses Rechtsverständnisses ist, dass nach Maßgabe von § 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006 ein - wegen der steuerlichen Rückwirkung bei der Klägerin im Streitjahr entstandenes - steuerfreies Übernahmeergebnis unter Einbeziehung der abspaltungsbedingten Transaktionskosten zu errechnen ist, und die Kosten deshalb nicht als laufende Betriebsausgaben mindernd berücksichtigt werden können. Beides gilt nach § 19 Abs. 1 UmwStG 2006 auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Da die Vorinstanz abweichend entschieden hat, war ihr Urteil aufzuheben und ist die Klage abzuweisen.
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