09.06.2020

Steuerliche Behandlung von überobligatorischen Arbeitgeberbeiträgen zu einer öffentlich-rechtlichen Schweizer Pensionskasse

Der Arbeitgeberbeitrag in das Überobligatorium der St. Galler Pensionskasse (PK) ist steuerpflichtiger Arbeitslohn und die überobligatorischen Beiträge zur PK sind nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.

FG Baden-Württemberg v. 7.4.2020 - 3 K 1497/18
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger arbeitet seit 2001 als öffentlich-rechtlicher Angestellter im Kanton St. Gallen und unterliegt seit Beginn seiner dortigen Tätigkeit den Schweizer Regelungen über die berufliche Vorsorge. Er wird als Grenzgänger im Inland besteuert. Von seinem Arbeitslohn wurden im Streitjahr 2016 Beiträge zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), zur Invalidenversicherung (IV) und zur beruflichen Vorsorge durch die St. Galler PK einbehalten. Die PK ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung mit Sitz in St. Gallen. In diese wurde die Versicherungskasse für das Staatspersonal und die kantonale Lehrerversicherung zum 1.1.2014 überführt. Ihre Gründung erfolgte aufgrund der Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) vom 17.12.2010, mit der u.a. die Verselbständigung der öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen und die Annäherung der Grundlagen von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen bezweckt wurde.

Die PK erbringt als umhüllende Vorsorgeeinrichtung neben der obligatorischen Vorsorge überobligatorische Leistungen. Sie trennt das überobligatorische Sparguthaben vom obligatorischen Altersguthaben im Wege einer Schattenrechnung. Die nähere Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge durch die PK wird von dem obersten Organ der PK, dem paritätisch zusammengesetzten Stiftungsrat beschlossenen Vorsorgereglement (VR) geregelt. Der Kläger ist seit 1.1.2014 Mitglied der PK.

Das Finanzamt behandelte die überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge zur PK als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Die Arbeitgeberbeiträge zur AHV/IV und die obligatorischen Beiträge des Kantons zur PK seien steuerfrei. Als Sonderausgaben seien die obligatorischen Beiträge beschränkt abzugsfähig, die überobligatorischen Beiträge zur PK nicht. Der Kläger begehrte - entsprechend dem Schweizer Recht - die überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge nicht als steuerpflichtigen Arbeitslohn zu behandeln.

Das FG gab der Klage statt und entschied, dass die vom Kanton für den Kläger an die PK gezahlten überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge Arbeitslohn im Zeitpunkt der Beitragszahlung sind. Die beim BFH anhängige Revision der Kläger wird dort unter dem Az. X R 12/20 geführt.

Die Gründe:
Der Kläger erwirbt durch die vom Kanton an die PK geleisteten Beiträge nach den Regelungen im VR eigene, unmittelbare und unentziehbare Ansprüche gegen die PK. Die überobligatorischen Arbeitgeberbeiträge sind nicht nach § 3 Nr. 62, Nr. 56 und Nr. 63 EStG steuerfrei. Sie sind aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht erbracht worden. Sie beruhen nicht auf der Anordnung einer staatlichen Stelle, sondern dem Reglement einer von dem Kanton unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stiftung.

Die PK ist auch nicht mit einer inländischen PK als Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung nach dem deutschen Betriebsrentengesetz vergleichbar. Die PK ermöglicht den Bezug des Altersguthabens als Kapitalleistung. Diese Auszahlungsmöglichkeiten sind so gewichtig, dass sie eine Vergleichbarkeit der überobligatorischen Vorsorgevereinbarung mit der inländischen betrieblichen Altersvorsorge ausschließen.

Die überobligatorischen Beiträge sind auch nicht als Sonderausgaben abzugsfähig. Auf Grundlage der Bestimmungen des St. Galler Pensionskassengesetzes und des VR im Wege der rechtsvergleichenden Qualifikation kommt das FG zu dem Ergebnis, dass entsprechend der steuerlichen Behandlung von privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen auch bei der steuerlichen Behandlung der Beiträge an die PK zwischen Obligatorium (Säule 2a) und Überobligatorium (Säule 2b) zu differenzieren ist.

Im Bereich des Überobligatoriums ist das Vorsorgeverhältnis des Klägers als eigenständig zu betrachtendes Rechtsverhältnis anzusehen und dieses ist nicht mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar. Es fehlt eine gesetzliche Grundlage für die Festlegung der Beiträge. Das Altersguthaben nach dem BVG (Obligatorium) wird im Wege einer Schattenrechnung getrennt vom Sparguthaben ausgewiesen. Der Senat kann keine in der öffentlich-rechtlichen Rechtsnatur begründeten wesentlichen Unterschiede zu einer privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtung feststellen, die einen tragfähigen Grund für die unterschiedliche Behandlung der überobligatorischen Beiträge und Leistungen darstellen würden.

FG Baden-Württemberg PM Nr. 9 vom 2.6.2020
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