03.12.2020

Steuerliche Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwand und Unterkunftskosten bei Auslands(praxis)semestern

Studierende können Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Auslandsemester als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen.

Kurzbesprechung
BFH v. 14.05.2020 - VI R 3/18

EStG § 9

Die Steuerpflichtige nahm nach einer abgeschlossenen Ausbildung ein Studium an einer inländischen Hochschule auf. Die Studienordnung der Hochschule schreibt für den Studiengang vor, dass die/der Studierende das Studium für zwei Semester an einer ausländischen Partneruniversität zu absolvieren hat. Während des Auslandsstudiums bleibt die/der Studierende an der inländischen Hochschule eingeschrieben.

Die Steuerpflichtige beantragte für die Zeit des Auslandsstudiums die Anerkennung der dadurch bedingten zusätzlichen Unterkunftskosten sowie der Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten.

Das FA lehnte dies ab, da die Auslandsuniversität die erste Tätigkeitsstätte der Steuerpflichtigen sei und daher die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung --vergleichbar einem Arbeitsnehmer-- nur im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten angesetzt werden könnten. Die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung waren im Streitfall jedoch nicht gegeben.

Während das FG die eingelegte Klage abwies, gab der BFH dem Revisionsbegehren statt. Sieht die Studienordnung, wie im Streitfall, vor, dass Studierende einen Teil des Studiums an einer ausländischen Hochschule absolvieren können bzw. müssen, bleibt die inländische Hochschule, jedenfalls soweit die/der Studierende dieser auch für die Zeiten des Auslandsstudiums zugeordnet bleibt, die erste Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG. Kosten für Unterkunft und Verpflegungsmehraufwand im Ausland sind deshalb als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen, auch wenn keine doppelte Haushaltsführung vorliegt. Entsprechendes gilt bei Praxissemestern.

Beraterhinweis: Von dieser Rechtsprechung profitieren allerdings nur Studierende, die bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder eine Bachelorstudiengang) abgeschlossen haben. Aufwendungen für die erste Ausbildung (Berufsausbildung oder Studium) sind hingegen vom Werbungskostenabzug ausgenommen (§ 9 Abs. 6 EStG). Der Aufwand wird nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt und wirkt sich steuerlich nur aus, wenn die/der Studierende im Jahr der Aufwandsentstehung über steuerpflichtige Einkünfte verfügt.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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