12.05.2020

Steuerneutrale Sachausschüttung durch Zuteilung von Aktien im Rahmen eines "spin-offs"

Für einen Aktientausch nach einer Umstrukturierung fällt keine Kapitalertragsteuer an, wenn die Voraussetzungen einer Abspaltung im Sinne von § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vorliegen, weil die übernommenen Anteile dann steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile treten.

FG München v. 19.12.2019 - 8 K 981/17
Der Sachverhalt:
Streitig ist, ob die Kläger Kapitalerträge durch die Zuteilung von Aktien erzielt haben, die dem Kapitalertragssteuerabzug zu unterwerfen sind.

Die ABC Company (ABC), deren Aktien die Kläger erorben hatten, änderte 2015 ihren Namen in ABI (ABI). Anschließend übertrug die ABI das Unternehmenskundengeschäft im Wege eines sogenannten "Spinoffs" auf die bereits im Februar 2015 gegründete Tochtergesellschaft ABC Enterprise Company (ABE). Die Aktionäre der ABC erhielten für eine alte Aktie der ABC eine Aktie der umbenannten ABI und zusätzlich eine Aktie der ABE. Den Klägern wurden die Aktien der ABE in ihren Wertpapierdepots bei der ihrer Bank zugebucht. Die Zuteilung/Ausgabe der Aktien der ABE an die Kläger wurden von ihrer Bank als steuerpflichtige Sachausschüttung eingestuft. Infolgedessen behielt die Bank Kapitalertragsteuer ein.

Für die Einkommensteuerveranlagung stellten die Kläger einen Antrag auf Überprüfung des Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4 EStG für diese Kapitalerträge und begehrten die Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer, was das FA ablehnte.

Das FG gab den Klägern Recht. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung iSv § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Die Gründe:
Die den Klägern im Rahmen der Umstrukturierung der ABC zugeteilten Anteile an der ABE führen nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen einer Abspaltung im Sinne von § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vor. Folglich sind die übernommenen Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile getreten (§ 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG).

Zwar stellt die Zuteilung der Anteile an der ABE an die Kläger als Aktionäre der ABC/ABI eine geldwerte Sachausschüttung der amerikanischen Kapitalgesellschaft ABC/ABI dar, die von ihrer inneren Struktur einer deutschen AG im Wesentlichen vergleichbar ist. Grundsätzlich sind die erhaltenen Anteile der Kläger in Deutschland zu versteuern gewesen, weil die Kläger ihren Wohnsitz in Deutschland haben und das DBA-USA der Besteuerung in Deutschland nicht entgegensteht. Es handelt sich um Einkünfte aus Aktien, die im Wohnsitzstaat des Aktionärs zu versteuern sind (Art. 10 Abs. 1 DBA-USA).

Jedoch ist die in der Anteilszuteilung liegende Sachausschüttung, unabhängig davon, ob die Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto erfolgte oder nicht, deshalb nicht der Besteuerung zu unterwerfen, weil nach der Überzeugung des erkennenden Senats § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG i.V.m. 20 Abs. 4a Satz 1 EStG im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt.

Tatbestandsvoraussetzung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist, dass ein Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung übergeht. Der Begriff der Abspaltung ist im EStG nicht definiert. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck ist der Abspaltungsbegriff des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG "typusorientiert" dahingehend auszulegen, dass lediglich die typusbestimmenden Merkmale einer Abspaltung vorliegen müssen. Als solche sind folgende Merkmale, die das FG Düsseldorf in seinen Entscheidungen vom 29.1.2019 13 - K 2119/17 E und 12.3.2019 - 13 K 1762/17, aufgestellt hat, nach Ansicht des erkennenden Senats, als praktikabel für den KapSt-Abzug anzusehen:

- Der übertragende Rechtsträger hat im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme einen Teil seines Vermögens auf einen oder mehrere übernehmende Rechtsträger übertragen, die entweder schon bestehen oder im Zuge des Vorgangs gegründet worden sind.

- Die Anteile am übernehmenden Rechtsträger oder an den übernehmenden Rechtsträgern sind im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers übertragen worden.

- Der übertragende Rechtsträger besteht fort.

- Bei einem "Auslandsfall": Der übertragende ausländische und der übernehmende in- oder ausländische Rechtsträger müssen einem vergleichbaren umwandlungsfähigen Rechtsträger inländischen Rechts entsprechen.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegt im vorliegenden Fall eine Abspaltung vor, mit der Folge, dass die Zuteilung der Anteile an der ABC an die Kläger gemäß § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG keine Besteuerung auslöst.

Bayern.Recht
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