11.10.2011

Steuerpflichtige müssen sich mögliche Fehler ihrer Steuersoftware wie Verschulden des steuerlichen Beraters zurechnen lassen

Steuerpflichtige müssen sich mögliche Fehler ihrer Steuersoftware wie ein Verschulden ihres steuerlichen Beraters zurechnen lassen. Soweit die Steuersoftware nicht über den Funktionsumfang der amtlich bereitgestellten Steuererklärungssoftware verfügt, so hat der Steuerpflichtige das Risiko einer fehlenden Fragestellung zu tragen.

FG Rheinland-Pfalz 30.8.2011, 3 K 2674/10
Der Sachverhalt:
Der Kläger erstellte seine Einkommensteuererklärung 2008 unter Verwendung eines handelsüblichen Steuererklärungsprogramms und übermittelte sie mittels des von der Finanzverwaltung bereitgestellten ElsterFormulars elektronisch an das Finanzamt. Später wurde die vom Kläger unterschriebene komprimierte Einkommensteuererklärung nachgereicht und das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2008.

Der Kläger beantragte, diesen zu seinen Gunsten zu ändern. In der Einkommensteuererklärung seien Kinderbetreuungskosten i.H.v. rd. 4.000 € bisher nicht angegeben worden. Aufgrund der verwirrenden Steuervorschriften sei ihm bei Erstellung der Steuererklärung 2008 nicht bewusst gewesen, dass diese Kosten hätten geltend gemacht werden können. Dieser Änderungsantrag wurde vom Finanzamt mit der Begründung abgelehnt, dass den Kläger am nachträglichen Bekanntwerden der Kinderbetreuungskosten ein die begehrte Änderung ausschließendes grobes Verschulden treffe.

Der Umstand, dass dem Kläger die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit dieser Aufwendungen unbekannt gewesen sei, stünde einem groben Verschulden nicht entgegen, da sich die steuerliche Begünstigung auch einem Fachunkundigen durch die Anlage Kind habe aufdrängen müssen; außerdem hätte er sich auch in den Erläuterungen zur Steuererklärung informieren können. Mit der hiergegen gerichteten Klage trug der Kläger u.a. vor, er habe seine Steuererklärung mit einem Steuererklärungsprogramm erstellt, bei dem das Steuerformular selbst nicht mehr automatisch angezeigt werde, sondern das Programm durch ein eigenes Menü führe.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision wurde nicht zugelassen; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die begehrte Änderung des Einkommensteuerbescheids 2008 zu Recht abgelehnt. Den Kläger trifft wegen des nachträglichen Bekanntwerdens der Kinderbetreuungskosten ein grobes Verschulden.

Grob fahrlässiges Handeln liegt insbes. vor, wenn ein Steuerpflichtiger seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkommt, indem er unvollständige Steuererklärungen abgibt. Auf einen die grobe Fahrlässigkeit ausschließenden Rechtsirrtum kann sich der Steuerpflichtige dann nicht berufen, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantwortet. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung auch für steuerrechtlich nicht ausgebildete Laien.

Im Streitfall liegt demnach grobes Verschulden vor. Im amtlichen Steuererklärungsformular wird ausdrücklich nach Kinderbetreuungskosten gefragt, in der Anleitung zur Steuererklärung werden weitere Einzelheiten erläutert. Bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch und Verständnis stellen Aufwendungen für den Besuch von Kindertagesstätten Kinderbetreuungskosten dar. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, die von ihm verwendete Steuersoftware habe wegen einer anderen Menüführung keine Frage nach Kinderbetreuungskosten angezeigt.

Es konnte in diesem Zusammenhang auch darauf verzichtet werden, die vom Kläger verwendete Steuersoftware dahingehend zu untersuchen, ob in der eigenen Menüführung der Software keine ausdrückliche Frage nach Kinderbetreuungskosten angezeigt wird und ob diese Software abweichend von den Eingabemöglichkeiten im ElsterFormular keine Eingabemöglichkeit für Kinderbetreuungskosten bei fortlaufenden Eintragungen vorsieht, weil dies letztlich nicht entscheidungserheblich war.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH hat der Steuerpflichtige auch ein Verschulden seines steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung zu vertreten. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Steuerpflichtiger zur Anfertigung seiner Steuererklärung eine andere als die amtlich bereitgestellte Steuersoftware verwendet. Soweit diese Steuersoftware nicht über den Funktionsumfang der amtlich bereitgestellten Steuererklärungssoftware verfügt, so hat der Steuerpflichtige das Risiko einer fehlenden Fragestellung zu tragen.

FG Rheinland-Pfalz PM vom 11.10.2011
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