Stromsteuerbefreiung: Eigenbedarf von Anlagen mindert Nennleistung nicht
BFH 7.6.2011, VII R 55/09Die Klägerin betreibt ein Blockheizkraftwerk (BHKW) in Form einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK-Anlage). Ausweislich der durch den Hersteller der Anlage ausgestellten "Errichterbestätigung" über die technischen Anlagenparameter betrug die Brutto-Stromerzeugung der Anlage 2,020 MW. Unter Abzug von Transformatorenverlusten sowie eines Eigenbedarfs für Zu- und Abluftventilator sowie Schmieröl- und Kühlwasserpumpen ergab sich eine "Nennleistung" von 1,952 MW. Außerdem hatte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle der Klägerin mit dem Zulassungsbescheid bestätigt, dass es sich um eine sog. kleine KWK-Anlage mit einer Leistung von 1,975 MW handele.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG sind kleine Stromerzeugungsanlagen mit einer Nennleistung bis zu 2 Megawatt von der Stromsteuer befreit, sofern der erzeugte Strom in räumlichem Zusammenhang zu dieser Anlage entnommen und vom Betreiber der Anlage an Verbraucher geleistet wird. Ein Überschreiten der Leistungsgrenze von 2 Megawatt führt zum Verlust der Steuerbegünstigung.
Das Hauptzollamt unterwarf die im Streitjahr 2005 erzeugte Strommenge dem Regelsteuersatz. Anhaltspunkte dafür, dass unter dem Begriff "Nennleistung" nur die Strommenge zu verstehen sei, die anderen Letztverbrauchern zur Verfügung gestellt werde, seien nicht erkennbar. Die Entnahme für den Eigenbedarf könne nicht anders behandelt werden, als jede Entnahme durch Letztverbraucher.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin blieb vor dem BFH erfolglos.
Die Gründe:
Die von der Klägerin betriebene Anlage wies eine Nennleistung von über 2 MW auf, so dass ihr für das Streitjahr kein Anspruch auf eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zustand.
Die vom Gesetzgeber gewählte Nenngröße wird weder in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG noch in anderen Bestimmungen des Stromsteuerrechts definiert. Zur näheren Konkretisierung des Begriffs der Nennleistung finden sich im StromStG auch keine ausdrücklichen Bezugnahmen auf außerhalb des Stromsteuerrechts bestehende Rechtsvorschriften. Somit bedurfte es einer Auslegung des Begriffs, die sich an dem im Befreiungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergab, zu orientieren hatte. Hier stellte sich zudem die Frage, ob auch diejenige Strommenge zur Nennleistung gehört, die nicht an Letztverbraucher abgegeben, sondern in der Anlage selbst, z.B. zum Betrieb von Ventilatoren und Pumpen, verbraucht wird.
Infolgedessen kam es aus der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung, die auf die Einbeziehung des Eigenbedarfs in die für die Stromsteuerbegünstigung maßgebliche Bezugsgröße hinweist, und den Veröffentlichungen der Elektrizitätswirtschaft, auf denen die Verwaltungsanweisungen beruhen, für den Begriff der Nennleistung nur auf die im Dauerbetrieb der Anlage abgebbare Strommenge an. Danach muss die Strommenge, die dem Eigenbedarf des Stromerzeugers dient, der Nennleistung zugerechnet werden. Dies müssen Anlagenhersteller und Stromerzeuger, die eine Stromsteuerbefreiung anstreben, künftig beachten.
Außerdem ist die Finanzverwaltung an Angaben in von Herstellern von Stromerzeugungsanlagen ausgestellten Bescheinigungen nicht gebunden. Solche Errichterbestätigungen entfalten keine stromsteuerrechtliche Bindungswirkung. Das Gleiche gilt für Zulassungsbescheide des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. In dem Bescheid wurde die KWK-Anlage nicht aufgrund stromsteuerrechtlicher Bestimmungen als kleine KWK-Anlage i.S.v. § 3 Abs. 3 KWKG und daher als zuschlagsberechtigte Anlage nach § 5 KWKG zugelassen, sondern das Bundesamt hatte statt eigene Berechnungen in Bezug auf die Nennleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG anzustellen, die Angaben aus den von der Klägerin eingereichten Unterlagen ungeprüft übernommen.
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