Stromsteuerrechtliches Herstellerprivileg erstreckt sich nicht auf Beleuchtung und Klimatisierung von Sozialräumen
BFH 13.12.2011, VII R 73/10Die Klägerin betrieb u.a. eine Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage (MKV), mit der sie Strom erzeugte. Im Kesselgebäude der MKV waren zahlreiche technische Schalt- und Regelungsanlagen installiert, deren Umgebung immer beleuchtet und auf unter 40 Grad Celsius heruntergekühlt werden musste. Mitinbegriffen waren die Arbeits- und Sozialräume. Zudem musste die Klägerin in der Rauchgasreinigungsanlage mit zwei elektrisch betriebenen Zentrifugen eine Gipssuspension entwässern.
Für die verbrauchten Strommengen nahm die Klägerin das in § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG normierte Herstellerprivileg in Anspruch. Das zuständige Hauptzollamt kam hingegen zu dem Schluss, der zur Beleuchtung und Klimatisierung sowie zum Antrieb der beiden Zentrifugen verwendete Strom könne nicht mehr der Stromerzeugung im technischen Sinne zugeordnet werden. Infolgedessen erhob es für den zu diesen Zwecken verwendeten Strom Stromsteuer nach.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Hauptzollamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Die Gründe:
Das FG war zum Teil zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Klägerin eine Recht auf Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG zustand.
Eine solche Steuerbefreiung für den zur Stromerzeugung entnommenen Strom kann nur dann gewährt werden, wenn die Verwendung des Stroms mit der Stromerzeugung in einem engen Zusammenhang steht und aufgrund der besonderen Gegebenheiten der jeweiligen Stromerzeugungsanlage erforderlich ist, um den Betrieb der Anlage aufrechtzuerhalten. In diese Richtung weisen auch die unionsrechtlichen Vorgaben. Denn das in § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG normierte Herstellerprivileg beruht auf Art. 14 Abs. 1 S. 1a der Richtlinie 2003/96/EG.
Eine Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall führte zu einer zumindest teilweisen Versagung der von der Klägerin begehrten Steuerbefreiung. Insofern hatte das FG zu Recht entschieden, dass die Schalt- und Regelungsanlagen im Kesselhaus in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Stromerzeugung standen. Daraus folgte, dass der zur Beleuchtung und Klimatisierung dieser Räume verwendete Strom erforderlich war, um die Fähigkeit zur Stromerzeugung aufrechtzuerhalten. In richtlinienkonformer Auslegung von § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG war er damit als zur Stromerzeugung entnommen anzusehen. Aus dem selben Grund war auch der für den Betrieb der Zentrifugen verwendete Strom vom Herstellerprivileg erfasst.
Hinsichtlich des Stroms, der zur Beleuchtung und Klimatisierung der Sozialräume verwendet worden war, konnte allerdings keine Steuerbefreiung gewährt werden. Denn die Einrichtung von Sozialräumen - auch wenn sie auf arbeitsrechtlichen Vorschriften beruht - ist keine spezifische Notwendigkeit zum Betrieb einer Stromerzeugungsanlage. Anders kann es sich aber bei der Einrichtung von Arbeitsräumen verhalten, in denen besondere, gerade für den Betrieb einer solchen Anlage notwendige Tätigkeiten ausgeführt werden. Das FG hatte allerdings aus seiner Sicht folgerichtig keine Feststellungen über die Art der Tätigkeiten getroffen, die in den Arbeitsräumen ausgeführt wurden.
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