Umgekehrte Betriebsaufspaltung und erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Kurzbesprechung
BFH v. 22.2.2024 - III R 13/23
GewStG § 9 Nr. 1 S 2
EStG § 15
Streitig war, ob die Steuerpflichtige im Jahr 2015 (Streitjahr) die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen kann.
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, dass die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht wegen des Bestehens einer Betriebsaufspaltung ausgeschlossen ist.
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG will den nur kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielenden Unternehmen die erweiterte Kürzung gewähren, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, ihre Tätigkeit insoweit also nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgeht. Zweck ist damit die Gleichbehandlung dieser Unternehmen mit Steuerpflichtigen, die als Einzelunternehmer oder in der Rechtsform einer Personengesellschaft Grundstücksverwaltung betreiben.
Bei einer Betriebsaufspaltung ist der Zweck der sogenannten Besitzgesellschaft von vornherein nicht auf die Vermögensverwaltung, sondern auf die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr und die Partizipation an der durch die Betriebsgesellschaft verwirklichten Wertschöpfung gerichtet. Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird deshalb als gewerbliche Tätigkeit beurteilt, die eine erweiterte Kürzung ausschließt.
Im Streitfall verwaltet die Steuerpflichtige Immobilien und übt damit keine originär gewerbliche Tätigkeit aus. Die Tätigkeit der Steuerpflichtigen ist insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsaufspaltung als originär gewerblich anzusehen, da die erforderliche personelle Verflechtung nicht gegeben ist.
Eine Betriebsaufspaltung zwischen einer Kapitalgesellschaft als Besitzgesellschaft und einem anderen Unternehmen als Betriebsgesellschaft liegt nicht vor, wenn die Kapitalgesellschaft nicht zu mehr als 50 % unmittelbar oder mittelbar an dem anderen Unternehmen beteiligt ist.
Der Besitzkapitalgesellschaft können weder die von ihren Gesellschaftern gehaltenen Anteile an der Betriebsgesellschaft noch die mit diesem Anteilsbesitz verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden. Eine derartige Zurechnung wäre ein unzulässiger Durchgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Personen.
Das Durchgriffsverbot auf von dem oder den Gesellschafter(n) verwirklichte Tatbestände folgt aus dem Prinzip der Trennung (Verselbständigung) der Kapitalgesellschaft von der Person oder dem Kreis ihrer Gesellschafter, welches es nicht zulässt, im Rahmen der Besteuerung der Besitzkapitalgesellschaft für die Frage, ob ein einheitlicher Geschäfts- und Betätigungswille hinsichtlich der Tätigkeit der Betriebsgesellschaft besteht, auf die Anteilsinhaberschaft beziehungsweise Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter der Besitzkapitalgesellschaft abzustellen. Dieses Prinzip unterscheidet die Kapitalgesellschaften von den Personengesellschaften, so dass eine Gleichbehandlung von Besitzkapitalgesellschaften und Besitzpersonengesellschaften nicht geboten ist.
Im Streitfall war die Steuerpflichtige (Besitz-GmbH) weder unmittelbar noch mittelbar zu mehr als 50 % an der F-KG als Betriebsunternehmen beteiligt. Eine originär gewerbliche Tätigkeit der Steuerpflichtigen ergibt sich im Streitfall auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung.
Bei einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung wird nicht die Betriebsgesellschaft durch die Besitzkapitalgesellschaft, sondern die Besitzkapitalgesellschaft durch die Betriebsgesellschaft beherrscht. Aus einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden. Es schließt aus, bei der Besteuerung der Besitzkapitalgesellschaft (hier der Steuerpflichtigen) auf die Verhältnisse ihres Gesellschafters oder ihrer Gesellschafter abzustellen.
Erst recht lässt sich aus der mittelbaren Beteiligung einer Betriebspersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft eine personelle Verflechtung nicht ableiten. Denn auch insoweit läge ein Durchgriff auf die unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter der Besitzkapitalgesellschaft vor.
Verlag Dr. Otto Schmidt
GewStG § 9 Nr. 1 S 2
EStG § 15
Streitig war, ob die Steuerpflichtige im Jahr 2015 (Streitjahr) die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen kann.
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, dass die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht wegen des Bestehens einer Betriebsaufspaltung ausgeschlossen ist.
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG will den nur kraft Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielenden Unternehmen die erweiterte Kürzung gewähren, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, ihre Tätigkeit insoweit also nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgeht. Zweck ist damit die Gleichbehandlung dieser Unternehmen mit Steuerpflichtigen, die als Einzelunternehmer oder in der Rechtsform einer Personengesellschaft Grundstücksverwaltung betreiben.
Bei einer Betriebsaufspaltung ist der Zweck der sogenannten Besitzgesellschaft von vornherein nicht auf die Vermögensverwaltung, sondern auf die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr und die Partizipation an der durch die Betriebsgesellschaft verwirklichten Wertschöpfung gerichtet. Die Überlassung eines Grundstücks im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wird deshalb als gewerbliche Tätigkeit beurteilt, die eine erweiterte Kürzung ausschließt.
Im Streitfall verwaltet die Steuerpflichtige Immobilien und übt damit keine originär gewerbliche Tätigkeit aus. Die Tätigkeit der Steuerpflichtigen ist insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsaufspaltung als originär gewerblich anzusehen, da die erforderliche personelle Verflechtung nicht gegeben ist.
Eine Betriebsaufspaltung zwischen einer Kapitalgesellschaft als Besitzgesellschaft und einem anderen Unternehmen als Betriebsgesellschaft liegt nicht vor, wenn die Kapitalgesellschaft nicht zu mehr als 50 % unmittelbar oder mittelbar an dem anderen Unternehmen beteiligt ist.
Der Besitzkapitalgesellschaft können weder die von ihren Gesellschaftern gehaltenen Anteile an der Betriebsgesellschaft noch die mit diesem Anteilsbesitz verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden. Eine derartige Zurechnung wäre ein unzulässiger Durchgriff auf die hinter der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Personen.
Das Durchgriffsverbot auf von dem oder den Gesellschafter(n) verwirklichte Tatbestände folgt aus dem Prinzip der Trennung (Verselbständigung) der Kapitalgesellschaft von der Person oder dem Kreis ihrer Gesellschafter, welches es nicht zulässt, im Rahmen der Besteuerung der Besitzkapitalgesellschaft für die Frage, ob ein einheitlicher Geschäfts- und Betätigungswille hinsichtlich der Tätigkeit der Betriebsgesellschaft besteht, auf die Anteilsinhaberschaft beziehungsweise Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter der Besitzkapitalgesellschaft abzustellen. Dieses Prinzip unterscheidet die Kapitalgesellschaften von den Personengesellschaften, so dass eine Gleichbehandlung von Besitzkapitalgesellschaften und Besitzpersonengesellschaften nicht geboten ist.
Im Streitfall war die Steuerpflichtige (Besitz-GmbH) weder unmittelbar noch mittelbar zu mehr als 50 % an der F-KG als Betriebsunternehmen beteiligt. Eine originär gewerbliche Tätigkeit der Steuerpflichtigen ergibt sich im Streitfall auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung.
Bei einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung wird nicht die Betriebsgesellschaft durch die Besitzkapitalgesellschaft, sondern die Besitzkapitalgesellschaft durch die Betriebsgesellschaft beherrscht. Aus einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden. Es schließt aus, bei der Besteuerung der Besitzkapitalgesellschaft (hier der Steuerpflichtigen) auf die Verhältnisse ihres Gesellschafters oder ihrer Gesellschafter abzustellen.
Erst recht lässt sich aus der mittelbaren Beteiligung einer Betriebspersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft eine personelle Verflechtung nicht ableiten. Denn auch insoweit läge ein Durchgriff auf die unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter der Besitzkapitalgesellschaft vor.