13.11.2013

Umsatzsteuer: Rückwirkende Rechnungsberichtigung zulässig

Rechnungen können rückwirkend berichtigt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen an eine Rechnung erfüllt und dass noch keine abschließende Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde über den Vorsteuerabzug vorliegt.

Niedersächsisches FG 1.10.2013, 5 V 217/13
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin betreibt einen Großhandel mit Textilien. Im Rahmen einer Außenprüfung u.a. betreffend die Streitjahre 2008 bis 2011 stellte das Finanzamt fest, dass ein Vorsteuerabzug aus erteilten Gutschriften an die Handelsvertreter nicht möglich sei, da die Gutschriften keine ordnungsgemäßen Rechnungen i.S.d. § 15 Abs. 1 UStG i.V.m. § 14 Abs. 4 UStG darstellten. Weder in den Provisionsabrechnungen noch in den Anlagen zu den Abrechnungen waren die Steuernummer oder die USt-Identifikationsnummer des jeweiligen Gutschriftempfängers enthalten. Gleiches gilt für den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Werbegestalters H.

Die Antragstellerin berichtigte die Provisionsabrechnungen gegenüber ihren Handelsvertretern noch während der Außenprüfung mit Datum vom 2.5.2013. Auch die Rechnungen des Werbegestalters H. wurden noch während der Außenprüfung berichtigt. Das Finanzamt kürzte dennoch die Vorsteuern in den Streitjahren mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der durchgeführten Rechnungsberichtigung (2013) vorlägen. Die Antragstellerin beantragte Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.

Das FG gab dem Antrag, die Vollziehung der geänderten Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2011 auszusetzen bzw. aufzuheben, soweit bereits eine Verrechnung mit Guthaben aus aktuellen Voranmeldungszeiträumen erfolgt ist, statt. Die Beschwerde zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Vorliegend ist eine rückwirkende Rechnungsberichtigung zulässig, da die streitbefangenen Abrechnungen die Mindestanforderungen an eine Rechnung enthalten und die Berichtigung noch während der Außenprüfung erfolgte.

Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Rechnungsberichtigung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung erfolgen kann, ist das EuGH-Urteil "Pannon Gép" (C-368/09) vom 15.7.2010 zu berücksichtigen. In dieser Entscheidung führt der EuGH aus:

"Das Unionsrecht steht einer nationalen Regelung oder Praxis entgegen, nach der die nationalen Behörden einem Steuerpflichtigen das Recht, den für ihm erbrachte Dienstleistungen geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuerbetrag von der von ihm geschuldeten Mehrwertsteuer als Vorsteuer abzuziehen, mit der Begründung absprechen, dass die ursprüngliche Rechnung, die zum Zeitpunkt der Vornahme des Vorsteuerabzugs in seinem Besitz war, ein falsches Datum des Abschlusses der Dienstleistung aufgewiesen habe und dass die später berichtigte Rechnung und die die ursprüngliche Rechnung aufhebende Gutschrift nicht fortlaufend nummeriert gewesen seien, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind und der Steuerpflichtige der betreffenden Behörde vor Erlass ihrer Entscheidung eine berichtigte Rechnung zugeleitet hat, in der das zutreffende Datum des Abschlusses der genannten Dienstleistung vermerkt war, auch wenn diese Rechnung und die die ursprüngliche Rechnung aufhebende Gutschrift keine fortlaufende Nummerierung aufweisen."

Hieraus und aus der EuGH-Entscheidung "Petroma Transports" (C-271/12) vom 8.5.2013 ergibt sich demnach, dass eine rückwirkende Rechnungsberichtigung in Betracht kommt, solange noch keine abschließende Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde über den Vorsteuerabzug vorliegt und sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestangaben an eine Rechnung (Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt, gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer) erfüllt.

Bei Anwendung dieser Grundsätze war im Streitfall vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sowohl die erteilten Provisionsabrechnungen (Gutschriften) als auch die Rechnungen des Werbegestalters H. die vom BFH geforderten Mindestanforderungen an eine Rechnung erfüllen. In den Rechnungen fehlte lediglich die dem leistenden Unternehmer erteilte Steuernummer bzw. USt-Identifikationsnummer (vgl. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG). Die fehlenden Angaben sind noch während der Außenprüfung und damit vor Erlass der ablehnenden Entscheidung des Finanzamts (Änderungsbescheide vom 2.7.2013) im Wege der Rechnungsberichtigung ergänzt worden.

Linkhinweis:

Für den in der Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

Niedersächsisches FG PM vom 23.10.2013
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